Gerüchte werden von Dummen verbreitet und von Idioten geglaubt, heißt es. Dieses Bonmot wird Heinz Effenberger, dem Bademeister des Further Naturbades, kaum zum Trost gereichen. Er ist Opfer eines Gerüchtes, gar eines entsetzlichen, ehrverletzenden Rufmordes geworden. Deshalb zunächst eine Richtigstellung: Heinz Effenberger hat keineswegs ein dreijähriges nacktes Mädchen im Further Naturbad sexuell belästigt, wie dies am Dienstag eine Userin auf Facebook postete und damit einen Shitstorm auslöste, der weite Kreise zog. Auch Boulevardzeitungen transportierten den Vorwurf am Mittwoch weiter, um einen Tag später dann zu vermelden, dass die Vorwürfe vollkommen haltlos sind. Aber Heinz Effenberger kennt eine weitere sprichwörtliche Redensart, jene, wonach immer etwas hängen bleibe. Für Stefan Schraut, den Leiter der Unterhachinger Polizeiinspektion, ist dieser Fall "ein Lehrstück darüber, was man mit Facebook alles anstellen kann."
Was ist tatsächlich passiert im Further Freibad am Freitag vor ein Woche? Wie so oft an heißen Sommertagen entdeckte der Bademeister ein Kind, das splitterfasernackt war. Es zählt bereits zur Routine von Heinz Effenberger und seinen Kollegen, die Eltern dazu anzuhalten, ihren Kindern eine Badehose anzuziehen. Dieses Vorgehen ist mit der Unterhachinger Polizei abgesprochen und dient dem Zweck, pädophilen Interessen vorzubeugen. Inspektionsleiter Schraut selbst sensibilisiert nach eigenen Worten jedes Jahr vor Beginn der Freibadesaison die Freibadbeschäftigten in Unter- und Oberhaching für das Thema "sexuelle Gewalt an Kindern."
Sein Ziel sei es, sagt der Bademeister, das Bad für Pädophile uninteressant zu machen, "die gerne an den Zäunen luren". In diesem Sinne verhalte sich auch das Kioskpersonal, wenn zum Beispiel Mütter mit nackten Kindern zum Eiskaufen kämen. Und deshalb habe er auch dieses Mal darauf bestanden, dass die Mutter ihrem dreijährigen Mädchen ein Höschen anzieht. Heinz Effenberger vertraut dann nicht auf die Einsicht der Eltern, sondern bleibt grundsätzlich so lange beim nackten Kind stehen, bis dessen Scham bedeckt ist. "Die meisten Mütter verstehen das", sagt Effenberger. Der Mutter des dreijährigen Mädchens aber missfiel die Hartnäckigkeit des Bademeisters, was sie denn auch in einer geschlossenen Facebook-Gruppe zum Ausdruck brachte. Kurze Zeit darauf machten sich mehrere Dutzend Facebook-Nutzer öffentlich über den Bademeister her und überboten sich mit gehässigen Kommentaren und üblen Beschimpfungen. Binnen weniger Posts wurde aus einem Bademeister, der Kinder vor Pädophilen schützen will, ein Kinderschänder gemacht.
Sie habe gehört, dass die Tochter ihrer Freundin von dem Bademeister sexuell belästigt worden sei, postete eine Userin. Sie vermute, dass der Bademeister pädophil sei, gab kurz darauf eine andere öffentlich zum Besten. Und je länger sich die Facebook-Nutzer auf dieser Plattform entrüsten konnten, desto dramatischer wurden ihre Schilderungen des "Skandals". Das rief schließlich die Polizei auf den Plan. Man habe von einem Anfangsverdacht ausgehen müssen, erklärt Stefan Schraut sein weiteres Vorgehen. Ein paar Stunden später wurde die Mutter auf der Dienststelle vernommen und entkräftete alle Vorwürfe gegen den Bademeister. Ihr Kind habe Angst gehabt vor dem Bademeister, ihren Ärger darüber habe sie in einer geschlossenen Facebook-Gruppe gepostet, erklärte die Frau.
Der Fall sei damit aus Sicht der Polizei erledigt, ob der Bademeister oder die Freibad-Verantwortlichen Anzeige wegen übler Nachrede stellen werden, sei noch offen. Am Mittwoch habe er mit der Mutter noch einmal telefoniert, "die dreht ein wenig am Rad, auf sie prasselt jetzt auch einiges ein", berichtete Schraut. Wohl keine derart gravierenden Vorwürfe, wie sie Heinz Effenberger ertragen musste. "Für mich ist das alles schon sehr hart", sagt der Bademeister.