Oberhaching:Dorf-Festspiele

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Ricarda Geary probt im Gymnasium mit dem Chor für die Aufführungen der Mozartoper "Die Entführung aus dem Serail". (Foto: Claus Schunk)

In Ödenpullach ist Mozarts "Die Entführung aus dem Serail" zu erleben

Von Laura Zwerger, Oberhaching

Sägemehl wirbelt durch die Luft, Sonnenstrahlen blitzen durch die Spalten zwischen den Holzbalken. In der alten Maschinenhalle in Ödenpullach, einem Dorf nahe Oberhaching, geht in diesen Tagen ein spannendes Projekte in die Endphase: Die Oper "Die Entführung aus dem Serail" von Wolfgang Amadeus Mozart wird dort am Freitag, 8. Juli, als Oberhachinger Eigenproduktion ihre Premiere feiern.

Um die große Halle inmitten bäuerlicher Landschaft in einen Ort zu verwandeln, an dem klassische Musik zur Aufführung kommt, sind die Initiatorin Ricarda Geary und viele Helfer aus Oberhaching seit Februar am Planen und Werkeln. "Kostüm, Maske, Bühnenbild - alles ist fest eingespielt und es ist ein sehr schönes Miteinander im Dorf", erzählt Geary. Sie veranstaltet zum vierten Mal diese Art der Festspiele, wie auch schon in den Vorjahren haben sich viele Gemeindemitglieder für eine erfolgreiche Inszenierung engagiert. Ist das Bühnenbild fertig und die letzte Naht an den Kostümen gesetzt, werden bei insgesamt sechs Terminen im Juli das Kammerorchester, der Kammerchor sowie ein Schulchor unter der musikalischen Leitung von Gerold Huber und ausgebildete Solisten Mozarts Werk mitten in den Feldern und Äckern aufleben lassen.

"Es hat ein bisschen den Bayreuther Charakter, dieser Gedanke, dass man in völliger Einöde etwas aufzieht", sagt Julian Freibott. Der 26-jährige Tenor aus München verkörpert die Rolle des spanischen Edelmanns Belmonte, dessen Verlobte Konstanze sowie deren Zofe Blonde und Diener Pedrillo von Seeräubern entführt und auf einem Sklavenmarkt an den osmanischen Edelmann Bassa Selim verkauft werden. Über drei Akte ist Belmonte auf Suche nach seiner Geliebten und muss dafür Selims Diener und Wächter, den grimmigen Osmin, überlisten. Währenddessen versucht dieser, Blonde zu verführen und Selim umwirbt Konstanze. "Es ist eine wahnsinnige, witzige und gut konstruierte Geschichte", lobt Freibott.

Er und sein ehemaliger Gesangs-Studienkollege Maximilian Argmann, der die Rolle des Pedrillos spielt, freuen sich über die ihnen gebotene Möglichkeit: "Für junge Leute ist es toll, solch große Partien singen zu können." Es sei ein Debüt, bei dem sie viel Liebe zur Sache mitbrächten und dafür auch oft bei 36 Grad über Stunden in der alten Halle übten, sagt Freibott. "Unter solchen Bedingungen macht man das nur, wenn man wirklich zu dem Projekt steht." Und auch sehr erfahrene Sänger haben sich - teils zum zweiten Mal - von Gearys Projekt begeistern lassen: Neben den Sopranistinnen Doris Langara-Benvenuti und Andrea Oswald wird auch Matthias Ettmayr auf der Bühne stehen. Der 47-Jährige verkörpert eine der charakteristischsten Rollen in dem Stück, die des Wächters Osmin. "Osmin würde man in Bayern als einen typischen Grantler bezeichnen", sagt Ettmayr schmunzelnd. "Er ist mürrisch und sehr stark in den osmanischen Traditionen verwurzelt." So werde Osmin auch immer aggressiver, wenn die Gefangenen nicht spurten.

Und bereits bei den Proben lässt Ettmayr die Luft in der Halle knistern, zerrt seine Gefangenen an einem Strick über die Bühne und schmettert letztlich: "Erst geköpft, dann gehangen, dann gespießt auf heiße Stangen". Doch - getreu Mozart - können sich die Zuschauer am kommenden Freitag als Gegenstimme zu dem düsteren Osmin auf einen moralischen Appell zum Ende hin verlassen: "Der Leitsatz in dem Stück ist, dass Güte immer vor den persönlichen Begehrlichkeiten stehen soll", erklärt Argmann. Und so finden die Liebenden wieder zueinander, als Bassa Selim Konstanzes Liebe nicht mehr zu erzwingen versucht und sie und ihr Gefolge freigibt. Die Rolle des Selims ist bei der Ödenpullacher Inszenierung dabei besonders interessant - spielt doch der evangelische Pfarrer der Gemeinde den liebestollen Herrscher mitsamt Harem.

Sind die letzten Proben in den kommenden Tagen dann geschafft - Ricarda Geary übt derzeit auch noch fleißig mit dem Chor am Oberhachinger Gymnasium - können die Zuschauer am nächsten Freitag ein Stück Weltmusik erwarten, bei dem nicht nur gesangliches Talent begeistern wird, sondern auch die Sänger selbst mit ihrer Leidenschaft für das Projekt anstecken werden. "Es ist eine wunderschöne Stimmung und etwas ganz besonders, weil es so ehrlich gemeint ist", sagt Oswald.

© SZ vom 02.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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