Oberhaching:Die Bajuwaren gehen vor

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Bevor im Hachinger Tal gebaut werden kann, rücken häufig die Archäologen an (im Bild die Stumpfwiese in Unterhaching). (Foto: Schunk)

Weil auf dem Grundstück ein Gräberfeld vermutet wird, verzögert sich der Bau einer Flüchtlingsunterkunft in Oberhaching

Von Iris Hilberth, Oberhaching

Gerne verweisen die Heimatpfleger im Hachinger Tal nicht ohne Stolz darauf, dass ihre Gemeinden schließlich viel früher urkundlich erwähnt wurden als etwa die nahe gelegene Landeshauptstadt München. Das Jahr 806 ist für "Haching" dort vermerkt. Rein zeitlich gesehen ist das aber noch gar nichts, schaut man sich an, was Ausgrabungen in den vergangenen Jahren zwischen Unterhaching, Taufkirchen und Oberhaching tatsächlich ans Licht gebracht haben: Funde die bezeugen, dass entlang des Hachinger Bachs Kelten, Römer und Bajuwaren heimisch waren. Wenn irgendwo gebaut werden soll, ist daher stets äußerste Vorsicht geboten, zahlreiche Zeugnisse der Vergangenheit schlummern noch unter der Grasnarbe.

So muss jetzt die Gemeinde Oberhaching mit den Bau einer Asylbewerberunterkunft am Ende der Holzstraße noch warten, bis die Archäologen die vorgesehene Fläche untersucht haben. Das an den Oberhachinger Friedhof angrenzende Grundstück zählt zu einem Areal, das die Denkmalschützer bereits seit vielen Jahren besonders im Blick haben. Bereits seit in den Siebzigerjahren auf dem Nachbargrundstück beim Bau von Häusern bajuwarische Gräber aus dem frühen Mittelalter entdeckt wurden, gilt der gesamte Bereich als mögliches Bodendenkmal. "Wir wissen, dass es sich um ein Gräberfeld handelt. Diese waren in der Regel größer als die bisher dort gesicherten Funde", sagt Dorothee Ott, Sprecherin des Landesamts für Denkmalpflege. Auch der Gemeinde sei dies bekannt gewesen, als das Grundstück für die Unterbringung von Flüchtlingen ausgewählt wurde, wie Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) bestätigte.

Nun heißt das nicht, dass der Bau der Unterkunft, bestehend aus zwei Gebäuden für 36 Bewohner, dort nicht mehr erfolgen kann. Auch wird die Arbeit der Archäologen nicht die gesamten Unterbringung von Flüchtlingen in Oberhaching verzögern. Insgesamt hat die Gemeinde vier Grundstücke ausgewählt, die Holzhäuser am Äußeren Stockweg, an der S-Bahn-Station Furth und am Schulweg können bereits errichtet werden, denn dort sind keine Bodendenkmäler zu erwarten. Der Antrag der SPD-Gemeinderatsfraktion, die Einheiten an diesen Standorten zu erweitern, wurde zurückgestellt.

Wie lange die Experten nun neben dem Friedhof mit den Grabungen beschäftigt sein werden, kann Ott derzeit nicht sagen. Zwar hatte Bürgermeister Schelle in der Gemeinderatssitzung von etwa zwei bis drei Monaten gesprochen, das Landesamt will sich aber noch nicht festlegen. Zunächst werde in Oberhaching wie mit der Gemeinde vereinbart, der Oberboden im Bereich der geplanten Erschließung abgetragen. Sollten dabei Gräber aufgedeckt werden, müssten diese vollständig dokumentiert werden, heißt es.

"Dadurch gewinnen die Archäologen weitere Informationen über das Denkmal", teilt Pressesprecherin Ott mit. Je nachdem, wie das Bodendenkmal beschaffen sei, werde dann entschieden, wie der Bau errichtet werden könne und wie dabei mit dem Denkmal umzugehen sei. "Erst dann kann auch eine zuverlässige Aussage über die für die Untersuchungen notwendige Zeit getroffen werden." Die Erhaltung eines Bodendenkmals könne durch eine konservatorische Überdeckung geschehen, auf der das Gebäude dann errichtet werde oder durch eine Umplanung.

Das kann etwa die Errichtung des Baus außerhalb des denkmalgeschützten Bereichs sein oder der Verzicht auf eine Unterkellerung. Kommt eine solche Lösung nicht in Frage, wird archäologisch ausgegraben.

© SZ vom 15.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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