Neue Kultursaison:Garantiert speibfrei

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Kabarettist Alf Poier bezeichnet sich als "Dadasophen". (Foto: Reinhard Mayr)

Das Taufkirchner Programm ist vielfältig, schräg und magenfreundlich

Von Udo Watter, Taufkirchen

Zorn und Zynismus sind zwei kulturpessimistische Möglichkeiten, mit den mutmaßlichen Verdummungseffekten unserer digital beschleunigten Zeit umzugehen. Man könnte dem rasendem Stillstand der Moderne freilich auch mit querdenkerischer Blödelei begegnen. "Dadaismus ist die Religion der metaphysisch Verzweifelten", sagt Alf Poier. Das Groteske, Absurde als letzter Ausweg? Für ihn offenbar schon. "The Making of Dada" heißt das aktuelle Programm des österreichische Kabarettisten und Zeichners, der sich selbst als "nihilistischen Dadasophen" bezeichnet.

Der 1967 in der Steiermark geborene Poier, der neben dem Gewinn diverser Kabarettpreise 2003 mit dem Song "Weil der Mensch zählt" den sechsten Platz für Österreich beim Eurovision Song Contest holte, eröffnet am 8. September das neue Kulturprogramm in Taufkirchen. "Ich freu mich auf ihn. Er ist ziemlich skurril und schräg", sagt Michael Blume, der Leiter des Kultur- und Kongresszentrums. Man könnte auch sagen, er polarisiert: nicht nur mit seiner Kunst, die manche genial, andere eher unlustig finden, sondern auch mit provokanten Aussagen. Über Conchita Wurst etwa sagte er in einem Interview: "Wenn jemand nicht weiß, ob er ein Manderl oder ein Weiberl ist, dann gehört er eher zum Psychotherapeuten als zum Song Contest", und spottete über die "verschwulte Zumpferl-Romantik". Das brachte ihm Vorwürfe der Homophobie ein, auch wenn er später bei Wurst respektive Tom Neuwirth um Entschuldigung für die Wortwahl bat. Nun, das Programm, das Poier in Taufkirchen präsentiert, ist jedenfalls "speibfrei", wie er garantiert.

Man darf davon ausgehen, dass auch die restliche Veranstaltungen der neuen Taufkirchener Spielzeit von September 2018 bis Mai 2019 nicht dazu angetan ist, Würgreflexe beim Publikum auszulösen. "Es ist wieder ein interessantes, gemischtes Programm", erklärt Blume. Der Einzelkartenvorverkauf beginnt am Montag, 14. Mai, der Erwerb eines Abonnements ist ebenfalls noch möglich. Die Auswahl an Veranstaltungen ist in der Tat wieder groß, mit diversen bekannten Gesichtern. Was immer gut ankommt, sind Angebote mit bayerischem Flair, etwa die "Opern auf Bayrisch", die sich unter anderem dem "Lohengrin von Wolfratshausen" widmen. Während Michael Lerchenberg hier mit Conny Glogger und Gerd Anthoff im Ensemble agiert, tritt er an einem historisch bedeutsamen Datum allein auf: Der Schauspieler und Regisseur präsentiert im Kultur- und Kongresszentrum sein Programm "Revolution in Bayern" am 8. November 2018 - auf den Tag genau 100 Jahre, nachdem Kurt Eisner die Republik Bayern als Freistaat ausgerufen hat. Weitere Künstler mit weißblauer Sozialisation, die ihr Können in Taufkirchen zeigen, sind unter anderem die Monaco Bagage, die Couplet AG, Knedl & Kraut, Günter Maria Halmer, der satirische "Weihnachtsgeschichten" liest, Django Asül oder Christine Eixenberger. Mit der Unterbiberger Hofmusik, die im September auftritt, sind auch local heroes im engeren Sinne zu Gast.

Das musikalische Angebot ist überhaupt vielfältig - von Tango Azul über das Wine und Roses Swing Orchestra, das die Geschichte eines Jazz-Orchesters in der NS-Zeit nachzeichnet, bis hin zu Dance Shows, Opern, Percussion sowie den Queenz of Piano. Auch das Angebot in der Sparte Theater dürfte Publikum locken: so gibt es für die Bühne adaptierte Vorstellungen zweier Kinokomödien: "Eine ganz heiße Nummer" und "Willkommen bei den Hartmanns". Das Kinderprogramm mit "Peter Pan" oder "Der Zauberer von Oz" ist von sechs auf acht Veranstaltungen angewachsen. "Das wird gut angenommen" freut sich Blume. Die Zahl der Abonnenten bewege sich inzwischen konstant so um die 200, auch generell ist Blume mit der Resonanz zufrieden. "Von denen, die kommen, kriegen wir viel Lob." Das Haus gut auszulasten, ist ob der nachbarlichen Konkurrenz freilich eine Herausforderung. "Wir haben hier in unmittelbarer Nähe Unterhaching, Oberhaching, Ottobrunn und Grünwald. Das ist schon ein gewisses Überangebot." Das von ihm geführte Kulturzentrum ist zudem das Haus mit der größten Zuschauerkapazität, was Vor- und Nachteile birgt. Kritik, die Gemeinde gebe wegen seiner Ambitionen zu viel Geld für die Kultur aus, ist Blume gewohnt und begegnet ihr gelassen: "Das sind einige wenige Gemeinderäte. Die meisten aber freuen sich, dass Taufkirchen jetzt auch kulturell wahrgenommen wird." Sogar speibfrei.

Weitere Infos zum Programm und zum Ticketkauf gibt es unter 089/666 722 152 oder -153 oder zu den Öffnungszeiten im Kultur- und Kongresszentrum (www.kulturzentrum-taufkirchen.de).

© SZ vom 12.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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