Neubiberg:Weihnachtskonzert dahoam

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Virtuoses Grenzüberschreiten vor der eigenen Haustür: Die Unterbiberger Hofmusik spielt ihr Programm "Stern über Biburg". (Foto: Claus Schunk)

Die Unterbiberger Hofmusik muss für ihren bewegenden Auftritt im Pfarrzentrum St. Georg nur ein paar Meter anreisen

Von Udo Watter, Neubiberg

Ihre jüngst via E-Mail verschickte Weihnachtsgrüße hat die Unterbiberger Hofmusik mit einem Bollywood-Style-Video garniert: eine indische Tänzerin bewegt sich dekorativ zu einem Lied mit türkischem Text und bayerisch angehauchtem Blasmusik-Sound, jazzigen Rhythmik-Momenten und exotisch anmutenden Flötenläufen - die bemerkenswerte Melange passt zu der Gruppe, die als Vorreiterin der Neuen Volksmusik gilt und zu deren Selbstverständnis es gehört, melodische oder poetische Einflüsse aus anderen Kulturkreisen zu integrieren. Das Video entstand im September in Mumbai auf einer zehntägigen Indien-Tournee der Unterbiberger, die ja generell gerne mit ihren Instrumenten auf Reisen gehen - ob in die Türkei, im gesamten deutschsprachigen Raum oder, wie jüngst, nach Ägypten.

Freilich spielt die Gruppe bei aller kulturellen Weltenbummelei auch gerne mal in heimischen Gefilden, nicht zuletzt zur Weihnachtszeit. So nahe vor der eigenen Haustür wie jetzt beim Konzert im heuer eröffneten Pfarrzentrum St. Georg in Unterbiberg ist die Hofmusik, die im Kern aus der Familie Himpsl besteht und zu der neben Irene (Akkordeon) und Franz Josef (Trompete, Gesang) noch deren Söhne Xaver Maria (Trompete), Ludwig Maximilian (Waldhorn, Perkussion) und Franz Josef Ferdinand (Horn, Gesang) gehören, freilich noch nie aufgetreten. "Wir wären gerne mit dem Schlitten gekommen", verwies Franz Josef Himpsl augenzwinkernd auf das gleichsam einzige Manko - den fehlenden Schnee.

Ansonsten war das Konzert "Stern über Biburg", bei dem neben den Himpsls noch Tubaist Konrad Sepp und am Vibrafon Wolfgang Lackerschmid mitwirkten, ein echtes Heimspiel. Organisiert vom Gemeinde-Partnerschaftsverein Neubiberg war der Saal im Pfarrzentrum ausverkauft und auch einige der vorgetragenen Werke hatten einen lokalen Bezug: Die innerlich-ruhige Eigenkomposition "Biburg" etwa bezieht sich darauf, dass der historische Kern der Gemeinde einst Biburg respektive Pipurc hieß. Besonders schön auch das Werk "Unterweihnacht", bei dem der Hörer von den Bläsern in einen bauchig-wohligen Wall-of-Sound eingebettet wurde, ehe sanft kontrastierende Klangwelten von Vibrafon und Akkordeon einflossen oder lässige perkussive Momente neue Akzente setzten - und zwischendurch entließ Xaver Marias Piccolo-Trompete wunderbar schwebende Melodielinien. Ein Weihnachtskonzert ist ja erst mal kein hemmungsloses Gaudium - auch die berührend arrangierten Bach-Choräle wie "O Jesu meine Freude", "Wie schön leuchtet der Morgenstern", oder "Vom Himmel hoch da komm ich her" trugen dem Rechnung. Aber die Unterbiberger, die mit einem beeindruckend vielfältigen Instrumentarium die Bühne im Pfarrzentrum belegt hatten, überschritten natürlich auch virtuos die Grenzen zum Beschaulichen: ob mit dem temperamentvollen mexikanischen Sternsingerlied "La Rama" oder dem mitreißenden "Café Rossini", das als erste Zugabe das Publikum noch mal spürbar aufwühlte. Gelegenheit, ihre solistischen Fähigkeiten zu zeigen, hatten die Musiker zuhauf: Vibrafonist Lackerschmid, der noch mit einer Jazzgröße wie Jet Baker zusammengespielt hat, demonstrierte dabei seine manuellen Fähigkeiten ebenso wie etwa Wiggerl Himpsl an verschiedenen perkussiven Instrumenten, darunter auch eine Darbuka, eine mit Fischhaut überzogene Trommel, die er erst kürzlich in Ägypten erworben hat oder dem Pandeiro. Auch der jüngste Himpsl, Franz Ferdinand, ist inzwischen ein recht versierter Hornist, Irene Himpsl spielt das Akkordeon mit zurückhaltender Eleganz. Xaver Maria und Franz Josef Himpsl sowie Konrad Sepp, - seines Zeichens auch Leiter der Blaskapelle Höhenkirchen-Siegertsbrunn - warteten ebenfalls mit virtuoser Klasse auf.

Gesungen wurde auch, auf türkisch, arabisch oder spanisch. Das Publikum wurde zum Mitmachen animiert, etwa für eine arabische Version von "Ja, was gibts denn heit auf d'Nacht, heit gibts a Rehragout" unter Mithilfe einer Schrifttafel. Dieses Lied hatten die Unterbiberger, deren Auftrag es ist, wie Franz Josef Himpsl erklärte, "die bayerische Kultur in die Welt zu bringen", erst jüngst in Kairo einem Auditorium beigebracht. Zwei humorige Weihnachtsgeschichten wurden noch vorgelesen und am Ende klang der Abend mit einem lokal inspiriertem Lied aus, das ein Gebäude in Unterbiberg würdigte: "Beim Zehetmairhof". Aber letztlich ist daheim ja nicht auf einen Ort beschränkt, sondern frei nach der BR-Serie "Irgendwie und sowieso" (und wohl auch im Sinne der Unterbiberger): "Dahoam is do, wo's Gfüh is."

© SZ vom 23.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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