Neubiberg:Miauen und Krähen auf Knopfdruck

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Einige Bürger haben sich in mühseliger Kleinarbeit daran gemacht, Hörpfade für Neubiberg zu produzieren. Sie zieren die "Klingende Landkarte", ein Projekt der VHS in Kooperation mit der Stiftung Zuhören und dem BR

Von Daniela Bode, Neubiberg

Ein Klick auf einen roten Button auf der klingenden Landkarte für Neubiberg: Der Hahn kräht, eine Tür knarzt und Kater Carlo gähnt. "Miau, es ist für mich als Kater schön, im Umweltgarten geweckt zu werden. Nicht so wie in der Stadt, wo alles so laut ist", sagt er. Dann hört man ihn durch den Umweltgarten in Neubiberg strawanzen, Schafe, Ziegen und Kaninchen auf den Wiesen beobachten. Er erzählt von der Idylle, die es hier gibt, fünf Gehminuten vom S-Bahnhof entfernt. Er trifft Kinder, die vom Leiter der Einrichtung, Heinrich Wolfensberger, eine Führung bekommen. Er erlebt noch einiges mehr, bis er sich vom Zuhörer verabschiedet mit der Einladung, selbst einmal vorbeizuschauen.

So hört sich einer der fünf Audiobeiträge an, die die Teilnehmer des Kurses "Hörpfad für Neubiberg" der Volkshochschule Südost in Zusammenarbeit mit dem Kulturamt der Gemeinde Neubiberg erarbeitet haben. Am Mittwoch, 27. April, werden sie der Öffentlichkeit vorgestellt.

Seit April vorigen Jahres tüftelten acht Frauen und Männer unter der Leitung der Gemeindearchivarin Barbara Reinicke daran, Sehenswürdigkeiten und wichtige Orte in der Gemeinde in kurzen Hörbeiträgen vorzustellen. Damit beteiligten sie sich an dem vom Bayerischen Volkshochschulverband, der Stiftung Zuhören und vom Bayerischen Rundfunk initiierten Projekt Hörpfade, dessen Ziel es ist, eine klingende Landkarte für ganz Bayern zu schaffen.

Zunächst sammelten die Teilnehmer Ideen, jeder hatte schon in etwa eine Vorstellung, welches Thema er bearbeiten wollte. Dann machten sie sich auf und führten Interviews, recherchierten, nahmen Hintergrundtöne wie Hundebellen und Fahrradklingeln auf. Sie schnitten das Material zu fertigen Beiträgen zusammen. Das nötige Handwerkszeug brachte ihnen die BR-Journalistin Sonja Kunze bei. Sie beriet die Teilnehmer etwa beim Manuskriptschreiben und beim Aufnehmen und Einspielen von Tönen. Barbara Reinicke stand ihnen ebenfalls stets zur Seite.

Die Teilnehmer rund um Projektleiterin Barbara Reinicke (rechts) tüftelten ein Jahr daran. (Foto: Claus Schunk)

Die Teilnehmer hatten ganz unterschiedliche Ideen. "Wir wollten den Umweltgarten auf eine besondere Art und Weise präsentieren", sagt beispielsweise Heinrich Wolfensberger. So kam das Team aus mehreren Mitarbeitern des Umweltgartens auf die Idee, die Kater der Bildungseinrichtung, Fidel und Che, in Kater Carlo zu vereinen. "Es ist schön, wenn Jugendliche dabei sind, da gibt die eine Idee den Anstoß für die andere", sagt er. Julia Laun, die in der Einrichtung ein Freiwilliges Ökologisches Jahr absolviert, überlegte sich den Aufbau für den Beitrag, führte Interviews und schnitt die Aufnahmen zusammen. "Es hat viel Spaß gemacht", sagt Laun. War manchmal aber auch knifflig. "Am schwierigsten war es, das Kikeriki am Anfang aufzunehmen", sagt sie. Das hätte sie mehrmals wiederholen müssen. Oder das Miauen. Schließlich sollten keine Hintergrundgeräusche zu hören sein.

Klickt man auf der klingenden Landkarte für Neubiberg den Button ganz rechts an, landet man bei der Geschichte über das Leiberheim. Franziska Kurz hat sich das beliebte Wirtshaus mit Biergarten und Bühne für ihren Beitrag ausgesucht, auch wenn es gar nicht in Neubiberg liegt, sondern in Waldperlach. Die Auswahl hat mit Kurzens Biografie zu tun. Als sie vor knapp fünf Jahren nach Neubiberg zog, ging sie dort in den Biergarten. "Ich will erzählen, wie der Biergarten ist und woher der Name Leiberheim kommt", sagt sie. Sie spricht dazu mit Gästen. Die Herkunft des Namens lässt sie sich in einem Interview mit dem Wirt Wolfgang Engel erklären. Der Zuhörer erfährt, dass die Leibgarde des Königs um 1900 dort untergebracht war und daher der Name stammt. "Die Interviews haben mir am meisten Spaß gemacht, das liegt mir. Das Schneiden weniger", sagt Kurz.

Klickt man auf der Landkarte den Punkt etwas weiter links an, kann man sich ein Stück über die Grundschule Neubiberg anhören. "Ich habe das Thema gewählt, weil ich nichts Historisches bearbeiten wollte und es die Schule meiner Kinder ist", sagt Nicola Eberhorn. Zu Beginn ertönt eine Melodie, die an afrikanische Klänge erinnert, die Kinder zum Spielen rufen. Sie ersetzt seit kurzem den Pausengong. Eberhorn erzählt in ihrem Stück, warum der Pausengong ersetzt wurde, ihre Kinder interviewen dazu beispielsweise Schulleiterin Susanne Sieben-Pröschel. Eberhorn hat geschickt passende Hintergrundgeräusche eingebaut. So sind zum Beispiel Schritte zu hören, wenn sie in der Geschichte den Schulgang entlang geht. "Mir hat die Feinarbeit am meisten Spaß gemacht", sagt sie. "Aus einem Text mit vielen Ähs einen Text ohne Ähs zu machen oder den Text mit Musik zu unterlegen."

Der Umweltgarten und der alte Bahnhof sind nur zwei der Orte, die in den Audiobeiträgen thematisiert sind. (Foto: Repro Claus schunk)

Ein Klick weiter links ertönt der Beitrag von Ute Cox. Er dreht sich um den Bahnhof Neubiberg. Sie erzählt darin, wie er entstand, welche Vorteile er den Menschen bringt, dass sich viele auch wegen der guten Verkehrsanbindung hier ansiedelten. Sie interviewte Menschen, verarbeitete Quellen aus Archiven. Und erfuhr selbst einiges Neues: "Ich wusste nicht, dass es auch ein Geräuscharchiv gibt", sagt sie. Dort habe sie die Töne für die Dampflok her.

Den roten Button ganz links gewählt, kann man ein Gespräch über den Flugplatz in Neubiberg anhören. Rüdiger Berger widmet sich in einem Dialog mit Franziska Kurz der Historie des Platzes sowie dem, was sich heute dort befindet, wie der Skatepark und die Hundewiese. "Ich wollte den Gegensatz zeigen", sagt Berger. Man mag es kaum glauben, aber eines der kniffligsten Dinge war es für ihn, das Hundebellen aufzunehmen. Denn weder die Hunde an Ort und Stelle noch die in einem nahegelegenen Wald bellten. Also bemühte er am Ende den Dackel des Nachbarn.

Das Ergebnis des Kurses ist eine Mischung aus kurzweiligen, informativen Stücken, die auch ein Neubiberg-Kenner sich gerne anhören dürfte, weil sie wichtige Facetten der Gemeinde beleuchten. Reinicke ist zufrieden: "Die Beiträge sind gut gelungen", sagt sie. Die Mühe hat sich also gelohnt, war es doch ihren Worten nach manchmal eine Herausforderung, ein Jahr lang bei allen die Stimmung zu halten.

Neben der klingenden Landkarte für Neubiberg gibt es bereits viele andere, Oberhaching machte den Anfang, andere Orte wie etwa Sauerlach, Ebersberg und Garching folgten. In Neubiberg sind die fünf Stücke nur ein Anfang, weitere Beiträge sollen entstehen. Über Unterbiberg, das Jugendzentrum Gleis 3 und die Bundeswehr-Universität sind noch Hörpfade in Arbeit. Auch darin werden die Zuhörer sicher einiges Neues erfahren können.

Die Beiträge werden der Öffentlichkeit erstmals an diesem Mittwoch, 27. April, von 19.30 Uhr an im Haus für Weiterbildung vorgestellt.

© SZ vom 27.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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