Neubiberg:Kunst und Liebe

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Seit drei Jahren versammelt Christel Till-Galliani in ihrer Galerie Ästhetisches und Absurdes.

Von Cathrin Schmiegel, Neubiberg

Christel Till-Galliani hat gar nicht erst versucht, die Ausstellungsstücke in ein einheitliches Konzept zu pressen. Es wäre nicht zu bewältigen gewesen: Zu vielfältig und zu verschieden sind sie, die 15 Künstler, deren Werke die 63 Jahre alte Frau zur Feier des dreijährigen Bestehens ihrer Galerie Galliani in Neubiberg aktuell noch bis Februar nächsten Jahres ausstellt. Den Titel, den es für eine Exposition dennoch zwingend braucht, hat sie übergreifend gewählt: "Art is love" - Kunst ist Liebe. Gallianis Galerie zeigt all ihre schillernden Facetten.

Till-Galliani selbst ist verliebt in jedes einzelne der Stücke. Die Deutsche, die einen Italiener geheiratet hat, wählt sehr gewissenhaft aus, wen sie in ihrer Galerie zeigt. "Ich stelle Künstler aus, die mich überzeugen und die ich fördern möchte", sagt sie. 15 waren das in den vergangenen drei Jahren seit Bestehen der Galerie insgesamt. Für die Geburtstagsfeier hat sie diese in einer Ausstellung vereint. Den surrealistischen "Kleinen Harlekin" aus Metall von Horst Wendland gibt es da beispielsweise, Walter Tafelmaiers schlicht auf Papier gebannte "Arche als Literaturhaus" oder ein voyeuristisches Tête-à-Tête in Acryl ihrer Tochter Nadia Galliani. "Art is love" ist eine Schatzkammer aus Ästhetischem und Absurditäten.

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(Foto: Angelika Bardehle)

In ihrer Galerie gibt Christel Till-Galliani Künstlern einen Ausstellungsraum, die sie überzeugen.

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(Foto: Angelika Bardehle)

Dazu zählen auch Caroline Weiss und Gottfried Krogler.

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(Foto: Angelika Bardehle)

Die Werke von Günter Benedde sind inspiriert von vielen Reisen des Malers. Er war im Mai 2013 in der Galerie Galliani zu Gast.

Es ist ein besonders skurriles Exemplar, das den Besucher gleich beim Hereingehen empfängt: ein bärtiger Mann in bayerischer Tracht und mit Chihuahua. Seine nackte Brust wird nur von den Trägern einer Lederhose bedeckt, die eine Hand hält er wie segnend empor, die andere umklammert den Hund. Der Mann scheint bekannt, es ist die Pointe der Irritation: Jesus? Der Künstler selbst will das nicht auflösen. Seine Ölgemälde beschreibt Gottfried Krogler schlicht als "Realismus mit surrealistischem Prinzip". Realistisch deswegen, weil die Motive echt sind, der surreale Moment entsteht durch ihre Inszenierung. "Die Leute sollen ihre Positionen überdenken", sagt Krogler genussvoll. Er lässt die Menschen in ihrer Gedankenwelt zurück, lächelt dabei in sich hinein. Interpretationen gibt er keine.

Um Krogler zu gewinnen, dessen Stil Till-Galliani wegen der Verwendung von Ölfarbe "altmeisterlich" nennt, brauchte die Galeristin einiges an Überredungskunst. Nicht etwa, weil er sie nicht schätzen würde, das betont Krogler immer wieder. Der Künstler aber stellt selten aus. Andere dagegen kannte Till-Galliani persönlich oder sie kam über eine persönliche Empfehlung an sie heran. Caroline Weiss war so jemand. Ihre Arbeiten sind der Beweis, wie breit aufgestellt die Galerie ist. Drei Bilder zeigt Caroline Weiss in der "Art-is-love"-Ausstellung. Eines davon zeigt einen Löwen. Majestätisch wendet er den Blick zur Seite, die Vielschichtigkeit seines Wesens scheint ihm durch Weiss' bunte Farbwahl in Acryl auf den Leib gemalt. "Die Farbe", sagt Caroline Weiss, "ist für meine expressive Arbeit wichtig." Denn dort, im Expressionismus, fühlt sie sich wohl. "Mit meiner Kunst will ich die Menschen in meine individuelle Welt entführen."

Susanne Kathi Trapp: I nonni di Alessandro. (Foto: Angelika Bardehle)

Till-Galliani selbst treibt ein ähnlicher Impuls: "Ich will die Kunst und die Umgebung zusammenbringen." Das funktioniere heute ein wenig besser, die Scheu der Menschen, die Galerie zu betreten, sei gesunken. Dennoch spüle es noch heute eher Einzelkäufer in die Galerie denn Stammkunden. Kunst sei ein hartes Metier. "Es fehlt eine gesunde Mittelschicht", sagt Krogler, Weiss nickt. Entweder ein Künstler verkauft seine Werke hochpreisig oder viel zu günstig. Und die 19 Prozent Mehrwertsteuer, die seit einem Jahr beim Verkauf erhoben werden, machten es weder für die Künstler, den Galeristen noch die Kunden einfacher, wirft Till-Galliani ein.

Welche der Ausstellungen erfolgreich sein wird, ist schwer vorherzusagen. Die Vernissage des 17 Jahre alten Leon Löwentrauts - heute für seine Picasso-ähnlichen Werke von Kritikern emporgehoben - spülte vor einem Jahr nur 20 Leute in die Galerie. Der Grund ist lapidar: Deutschland spielte im WM-Halbfinale. Der Erfolg kam wenig später. Eines der Werke, das Till-Galliani für sich selbst erworben hat, ist heute mehrere tausend Euro wert.

Es sind Geschichten wie diese, die die 63-Jährige gerne erzählt: von dem Talent der Künstler und von ihrem Einsatz, dieses anderen zu zeigen. Selbstverständlich sei das nicht, sagt Weiss über das Engagement der Galeristin. "Sie macht eine tolle Basisarbeit." In den letzten drei Jahren hat Till-Galliani es so geschafft, die Kunst in all ihrer Vielseitigkeit in ihre Galerie zu bringen.

Susanne Kathi Trapp: Hochzeitstuch. (Foto: Angelika Bardehle)

Die Ausstellung "Art is love" mit Werken der in den vergangenen Jahren ausgestellten Künstler ist bis 26. Februar, immer Dienstag bis Freitag von 14 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung unter Telefon 089/66 61 78 10 oder 01 75/731 32 80 in der Galerie Galliani, Hauptstraße 55, in Neubiberg zu sehen.

© SZ vom 19.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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