Neubiberg:Hält die Brücke?

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Norbert Gebbeken ist Experte für Katastrophenschutz. Der Professor an der Bundeswehrhochschule beschäftigt sich auch mit Terroranschlägen. (Foto: Birgit Gleixner)

Norbert Gebbeken von der Bundeswehruni entwickelt Software zum Hochwasserschutz

Interview von Daniela Bode, Neubiberg

Norbert Gebbeken, Professor für Baustatik und Sprecher des Risiko-Forschungszentrums der Bundeswehr-Universität in Neubiberg, forscht bei dem deutsch-indischen Verbundprojekt "FloodEvac" (http://www.floodevac.org/) gemeinsam mit neun Partnern an der besseren Erkennung von Schwachstellen und an der Bewertung von Verkehrsinfrastrukturen im Hochwasser-Katastrophenfall. Die SZ hat sich mit ihm über das Projekt unterhalten.

SZ: Worum geht es in dem Forschungsprojekt genau?

Norbert Gebbeken: Wir untersuchen die Verletzlichkeit von Transportinfrastrukturen wie Brücken oder Straßen bei Hochwasser. Darüber hinaus entwickeln wir Systeme für die Warnung und Evakuierung im Falle von großräumigen Hochwasserereignissen im Binnenland. Auf der Basis von Hochwassermodellen, die die Technische Universität (TU) München erstellt, werden Risikokarten entwickelt. Mit deren Hilfe kann eine mögliche Gefährdung abgeschätzt werden. Die Höhe des Wasserstandes und die Fließgeschwindigkeit sind wichtige Parameter für die Gefährdungsanalyse der Verkehrsinfrastruktur.

Woran forscht Ihr Institut?

Wir entwickeln Methoden und Software zur Bewertung der betroffenen Verkehrsinfrastruktur, insbesondere der Brücken. Damit können wir beispielsweise einschätzen, ob eine beschädigte Brücke noch von Fahrzeugen der Katastrophenhilfskräfte befahren werden kann.

Was untersuchen die anderen Partner?

Von der Jacobs University in Bremen wird ein Unterwasserroboter entwickelt, der Schäden an Fundamenten und Auskolkungen erkunden wird. Die Hochschule Mittweida und die indische Amrita University untersuchen den Einsatz von Smartphones zur Datenerkundung von Personen und zur Messung an Brücken. Die TU Kaiserslautern entwickelt die Software für den Demonstrator und für die Visualisierung von Daten. Und das Indian Institute of Technology in Delhi untersucht den Einfluss von Kanalisierung auf das Hochwasser. Die Freie Universität Berlin forscht an dem Verhalten von Menschen im Katastrophenfall im interkulturellen Kontext.

Welche Erkenntnisse haben Sie bereits gewonnen?

Wir können bereits die hydrologischen und die hydraulischen Daten sehr gut mit den Risikokarten und der Brückenbewertung vernetzen und visualisieren. So können wir eine gute Voraussage treffen, auch zeitlich, also wann welche Gefährdung zu erwarten ist. Je nachdem, welche Hochwassersituation wir haben, können wir mit einem Regler einstellen, welche Häuser betroffen sein werden.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Wir arbeiten derzeit an einem Demonstrator. Am Beispiel von Kulmbach soll mit ihm gezeigt werden, wenn ein Jahrhundert- oder ein Jahrtausendhochwasser zu erwarten ist, welche Flächen dann voraussichtlich überflutet werden und welche Brücken nicht mehr befahrbar sind.

Die Bundeswehruniversität hat zudem eine "Checkliste für Jedermann" erarbeitet, die einem Tipps gibt, wie man sich vor Naturkatastrophen schützen kann.

Die Checkliste, die wir für das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe erstellt haben, ist eine tolle Sache. Dort kann man sich informieren, ob man in einem gefährdeten Gebiet wohnt. Wenn man seine Adresse eingibt, erfährt man, ob das eigene Haus in einem Hochwassergebiet liegt oder ob die Gefahr von Stürmen besteht. In der Liste bekommt man auch Vorschläge zu konkreten Maßnahmen, wie man sein Gebäude schützen kann. Dass man gegebenenfalls druckfeste Fenster einbauen oder den Kellereingang höher aufmauern sollte. Oder mobile Aluminiumwände vor den Fenstern anbringt. Man bekommt auch Hinweise, sein Gebäude entsprechend zu dämmen oder welche Materialien im Keller gut sind und welche nicht.

© SZ vom 14.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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