Neubiberg:Bangen mit Natascha Kohnen

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In der Kreis-SPD gilt die Neubibergerin als ideale Parteichefin, ihr Sieg aber als ungewiss

Von Martin Mühlfenzl, Neubiberg

Für Peter Paul Gantzer ist die Zeit reif für eine Frau an der Spitze der bayerischen Sozialdemokratie. "In einer Welt, die von Alpha-Männern diktiert wird, die Katastrophen heraufbeschwören, braucht es Frauen in führenden Positionen", sagt der Haarer Landtagsabgeordnete. Keine Frage also, wer seiner Meinung nach die bayerische SPD aus dem Tief in die Zukunft führen soll: die Neubiberger Abgeordnete und derzeitige SPD-Generalsekretärin Natascha Kohnen.

An diesem Freitag werden in der SPD-Zentrale am Münchner Oberanger die Stimmzettel der Mitgliederbefragung ausgezählt. Kohnen konkurriert in dieser mit fünf Kontrahenten um den Parteivorsitz des glücklosen Florian Pronold - mit fünf Männern. Als ärgster Konkurrent der Kreisrätin gilt der Münchner Landtagsabgeordnete Florian von Brunn.

Ginge es alleine nach den Genossen im Landkreis, wäre die Entscheidung klar. Kohnen ist im Unterbezirk München-Land tief verwurzelt, war von 2003 bis 2009 Gemeinderätin in Neubiberg und führte den Kreisverband von 2013 bis 2015. "Vor allem kennt sie jeden Ortsverein", sagt die Fraktionschefin der SPD im Kreistag, Ingrid Lenz-Aktas. Auch als Generalsekretärin hat sie jeden Ortsverein besucht. "Natascha ist ungeheuer fleißig", bescheinigt ihr Gantzer. "Die meisten kriegen das gar nicht mit, aber sie ist unentwegt an der Basis, kennt die Sorgen und Wünsche der Mitglieder. Deshalb ist sie diejenige, die der Basis wieder Mut machen kann."

Der frühere Unterföhringer Bürgermeister und SPD-Kreisrat Franz Schwarz ist, was den Ausgang betrifft, skeptischer: "Das Rennen ist vollkommen offen bei so vielen Kandidaten." Er selbst unterstütze natürlich seine Kreistagskollegin. Dies liege aber auch daran, dass er die anderen Bewerber nicht so gut kenne. Angesichts der Konstellation befürchtet Schwarz nach eigenen Worten, dass die "Männer ihre Seilschaften ausspielen, um "das Ruder an sich zu reißen".

Geht in der SPD die Angst vor einer Frau an der Spitze um? Ist die Partei noch nicht reif für eine Vorsitzende? Ingrid Lenz-Aktas stellt die Gegenfrage: "Sind wir in der Welt so weit? Wir haben zwar eine Bundeskanzlerin, aber trotzdem wird immer wieder darüber diskutiert, ob Frauen dies oder jenes überhaupt können." Bei Kohnen ist sich die Fraktionschefin sicher: "Die hat das im Kreuz. Vor allem wird sie thematisch tiefer gehen und Themen nicht nur anreißen." Gantzer ergänzt: "Sie hat eine ungeheure thematische Bandbreite."

Dass Natascha Kohnen als Generalsekretärin unter Pronold selbst der Parteispitze angehörte und deshalb - wie ihre Kritiker meinen - die Partei nicht modernisieren und reformieren könne, weisen ihre Anhänger zurück. "Das ist Quatsch", sagt etwa Kreisrätin Margit Markl aus Oberhaching. "Sie gehört zum Team der Bayern-SPD. Jetzt gibt es innerhalb des Teams eine Veränderung. Ich kann nicht erkennen, warum das schlecht sein soll." Kohnen habe "den Schwung und als Generalsekretärin viel Vorarbeit für das neue Amt geleistet". Außerdem, sagt Gantzer, sei ihr Widersacher Florian von Brunn ebenfalls "Teil des Systems". Die Partei, sagt Franz Schwarz, komme nur aus dem Tief, wenn sich die Basis "an echten Figuren" aufrichten könne. "Und Natascha ist so eine Figur."

Nachdem die annähernd 60 000 Mitglieder der Bayern-SPD bis zu diesem Donnerstag Gelegenheit hatten, an der Urwahl teilzunehmen, werden am Freitag die Wahlzettel ausgezählt. Doch selbst danach steht noch nicht fest, wer den Landesverband künftig führen wird. Das deutsche Parteienrecht sieht vor, dass Personalentscheidungen auf Parteitagen getroffen werden. Allerdings kann mit der Urwahl eine Vorentscheidung fallen: Sollte ein Bewerber die absolute Mehrheit erreichen, wird davon ausgegangen, dass die anderen fünf auf eine Kandidatur beim Parteitag verzichten.

© SZ vom 11.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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