Nachbarschaftsstreit:Wieder ein Sturm im Wasserglas

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Kämpfen ist er ja gewöhnt: Der frühere Taufkirchner Bürgermeister Jörg Pötke (Mitte) versucht bei einem Ortstermin des Verwaltungsgerichts vor seinem Haus eine Baugenehmigung zu kippen. (Foto: Claus Schunk)

Taufkirchens früherer Bürgermeister Pötke klagt wegen der Garagenzufahrt seines Nachbarns gegen die Gemeinde. Nach einer wortreichen Verhandlung und klaren Ansagen der Verwaltungsrichterin an Ort und Stelle gibt er auf

Von Iris Hilberth, Taufkirchen

Für Jörg Pötke sind Gerichtstermine nichts Ungewöhnliches. Vor diversen Kammern und in verschiedenen Gerichtssälen hat der ehemalige Taufkirchner Bürgermeister schon manchen Strauß ausgefochten und in stundenlangen Verhandlungen vor allem Details aus seinem aufregenden Leben als Rathauschef verhandelt. Nun ist das Bayerische Verwaltungsgericht bis vor seine Haustür an den Birkengarten gereist, zum Augenschein und zur öffentlichen Sitzung, wie ein solcher Besuch offiziell genannt wird. Pötke hatte die Gemeinde verklagt, weil diese seinem Nachbar erlaubt hatte, eine Zufahrt zur Garage zu bauen.

Das Gericht mit der Vorsitzenden Richterin Cornelia Dürig-Friedl war an diesem Mittwoch schon von Ortstermin zu Ortstermin im südöstlichen Landkreis unterwegs gewesen. Mal wurde über Baugenehmigungen gestritten, dann über Nutzungsuntersagung, manchmal war man sich auch über Vorbescheide uneins oder hatte zum Brandschutz eine unterschiedliche Auffassung. Zum Schluss also stand eine Garagenzufahrt auf dem Programm. Es ging um einen Bebauungsplan von 1947, um eine Wendeplatte, einen Sichtzaun, um Licht und Fahrzeugverkehr. Aber eigentlich ging es wieder einmal um Pötke.

Der Mann ist dafür bekannt, dass er es nicht scheut, Konflikte auszutragen, und als sein Nachbar sein Gebäude umfangreich umbaute und dabei eine Garage neben das Haus setzte, zu der wenig überraschend auch eine Zufahrt errichtet wurde, fand Pötke: Das hätte die Gemeinde dem nicht erlauben dürfen. Zumal er der Ansicht ist, dass die meisten Garagen in diesem Taufkirchner Wohngebiet nahe Ottobrunn an der Straße und nicht mitten auf den Grundstücken stehen. Für Pötke, der sich noch nie gescheut hatte, überall das Kleingedruckte zu lesen und sich auch in diesem Fall in die kleinsten Details eingearbeitet hatte, errichtete einen "Notwehr-Sichtschutzzaun" zum Nachbargrundstück und zog vor Gericht. Mit im Gepäck ein Papier von 1987, mit dem eine Bebauungsplanänderung dokumentiert sei, und mit großer Empörung über die Vertreter der Gemeinde, die davon noch nie etwas gehört hatten: "Das gibt es ja nicht! Die kennen Sie gar nicht, das ist ja toll!". Bauamtsleiter Stefan Beer hatte lediglich die mittlerweile mehr als 70 Jahre alten Pläne aus dem Rathaus mitgebracht und war nach wie vor davon überzeugt, dass die aktuell sind.

Aber eigentlich spielte all das hier überhaupt keine Rolle, wie Richterin Dürig-Friedl mehrfach klarstellte. "Das ist alles egal", sagte sie, sowohl die alten Pläne als auch irgendwelche Baugrenzen. Hier ging es lediglich um die Frage der nachbarschaftlichen Rücksichtnahme. Und dass Pötke seine Chance zu nutzten versuchte, dem Rathaus Unwissenheit nachzuweisen, statt ihre Fragen zu beantworten, bereitete ihr zunehmend schlechte Laune. Vor allem, weil ihr bei diesem Termin nicht wirklich ersichtlich war, was Pötke eigentlich will. "Das hat sich mir nicht richtig erschlossen", sagte die Richterin, "der schriftliche Vortrag war umfangreich und verwirrend". Die Schwelle der Emissionen und der Störung des hinteren Ruhebereichs seien durch die Nutzung der Zufahrt von einem Bewohner nicht ansatzweise erreicht. "Es ist ein Missverständnis, dass man als Bevölkerung im dicht besiedelten Raum rumgeht und sagt, andere müssen es anders machen", so die Richterin, "als Nachbar geht Sie das nur etwas an, wenn eigene Rechte betroffen sind". Pötke zog schließlich seine Klage zurück, fügt aber noch an, dass er als Bürgermeister stets beachtet habe, dass in Bausachen kein Tunnelblick auf Paragrafen helfe, seinen Nachfolger Ullrich Sander sei das "bürgerschaftliche Zusammenführen offensichtlich fremd".

© SZ vom 10.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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