München im Netz:Angst vor Google

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Google Street View sorgt in der Region München für Wirbel: Viele Hausbesitzer wehren sich dagegen, dass Fotos ihrer Immobilie im Internet zu sehen sind - aus Angst vor Einbrechern.

Marco Völklein

Zwei Anwälte hat Rudolf Stürzer vom Haus- und Grundbesitzerverein München jeden Tag abgestellt, um die Mitglieder am Telefon in Rechtsfragen zu beraten. Am Mittwoch wurde "uns die Bude eingerannt", so Stürzer. Grund für den Ansturm ist die Ankündigung der Internetfirma Google, ihr Angebot "Street View" noch heuer in München und 19 weiteren Städten freizuschalten. Viele Menschen im Großraum München wollen aber nicht, dass ihr Haus im Internet auftaucht.

Anwälte des Münchner Haus- und Grundbesitzerverein Münchens haben derzeit viel zu tun. Der Grund: Google Street View stößt auf Widerstand bei Hausbesitzern. (Foto: AP)

Zu ihnen zählt auch Steffi Fendt, die in einem Einfamilienhaus in Harlaching lebt. Sie hat eine Hecke um ihr Haus gepflanzt, eine Alarmanlage sichert das Grundstück. Dennoch hat sie Angst, dass "Einbrecher nun über Google mein Haus ausspähen". Zudem "hat Google mich ja nicht gefragt, ob ich das will". Daher legt sie nun Widerspruch ein - nicht nur für das Haus in Harlaching, sondern auch für ihr Elternhaus, ein Zehn-Parteien-Mietshaus in der Au. "Ich bin mir sicher, dass meine Mieter es auch nicht wollen, dass das Gebäude abgebildet wird."

Auch in vielen Gemeinden um München hatte Street View zuletzt für Wirbel gesorgt. Zahlreiche Kommunen hatten ihre Bürger über Widerspruchsmöglichkeiten informiert, teils auch Musterbriefe angeboten. Einige Gemeinderäte hatten sogar per Beschluss ihre Verwaltung dazu verpflichtet, bei Google Widerspruch dagegen einzulegen, dass dort kommunale Gebäude abgebildet werden - etwa Schulen, Kindergärten oder das jeweilige Rathaus. So hatte Grünwald bereits im April einen entsprechenden Widerspruch losgeschickt - "bislang ohne Reaktion", so Hauptverwaltungsleiter Dietmar Jobst.

Auch die Stadt- und Gemeinderäte unter anderem in Starnberg, Herrsching und Wolfratshausen erteilten ihren Verwaltungen solche Aufträge. "Wir können nicht zulassen, dass Bilder von Einrichtungen ins Internet gestellt werden, die unsere Kinder betreffen", so Bürgermeister Helmut Forster aus Wolfratshausen. In Dachau scheiterte ein entsprechender Antrag der SPD, in Freising vertagten sich die Räte.

In München selbst hat der Stadtrat keinen entsprechenden Beschluss gefasst. Auf Antrag der SPD und der Grünen hatte die Stadt über ihre Internetseite lediglich die Bürger auf Widerspruchsmöglichkeiten hingewiesen. Mehr wollen die großen Fraktionen derzeit auch nicht unternehmen. CSU-Fraktionschef Josef Schmid will das Thema "zunächst in der Fraktion besprechen" - auch wenn er darüber nachdenkt, für seine Doppelhaushälfte in Untermenzing Widerspruch einzulegen. Auch SPD und FDP planen keinen Vorstoß.

"Es kann doch sogar sinnvoll sein, sich im Internet anzusehen, wo mein Kind künftig zur Schule gehen könnte", sagt FDP-Fraktionschef Michael Mattar. Lediglich die Grünen wollen die Stadt auffordern, die städtischen Gebäude aufzulisten, für die ein Widerspruch sinnvoll sein könnte; Fraktionschef Siegfried Benker nennt zum Beispiel Frauenhäuser oder Obdachlosenunterkünfte. Ob ein solcher Widerspruch der Kommunen für öffentliche Gebäude überhaupt möglich ist, ist aber offen. Google steht auf dem Standpunkt, dass der Darstellung öffentlicher Gebäude nicht widersprochen werden kann. Am Ende werden wohl Gerichte entscheiden.

© SZ vom 12.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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