Mitten in Pullach:Früher waren mehr Spenden

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In der Isartalgemeinde fällt jetzt auch noch die Einsammlung der ausgedienten Christbäume Corona zum Opfer - das hat Auswirkungen bis nach Haiti

Kolumne von Udo Watter

Auch wenn das Jahr 2020 die kapitalistische Steigerungslogik auf virulente Art ausgebremst und uns mit mehr oder weniger sanftem Zwang gelehrt hat, die Wonnen der Entschleunigung zu genießen: Die Preise für einen Christbaumkauf haben sich auch heuer nicht entschleunigt. Dennoch gingen die teuren Bäume im Dezember weg wie warme Semmeln, ob im Isartal oder in der Münchner Schotterebene. Die Wärme und Geborgenheit spendende Aura einer weihnachtlich geschmückten und kerzenbestückten Tanne ist halt durch nichts zu ersetzten. Dass früher mehr Lametta war, mögen nicht nur Loriot-Fans bedauerlich finden, aber warum sollte sich das als Detox (Entgiftung) bekannte Zeitgeistphänomen auf den eigenen Körper und Digitalkonsum beschränken? Auch ein Tannenbaum grünt stilsicherer und gesünder ohne glitzernde Metallstreifen. Nun, die besinnliche Zeit ist jetzt vorbei, die Bäume fangen zu nadeln an, es stellt sich die Frage der Entsorgung. Gleich jetzt zwischen den Jahren? Nach dem Dreikönigstag oder doch erst an Mariä Lichtmess im Februar?

In etlichen Gemeinden gibt es Sammelstellen, manche bieten einen Abholdienst an, die Christbaumabfuhr. Mitgenommen werden sie indes nur ohne Lametta (so gesehen ist weniger Lametta also mehr, und gar keins am besten). In Pullach konnte man bisher die Baumentsorgung mit einer guten Tat verbinden. Gegen eine Spende werden die Tannen oder Fichten normalerweise abgeholt - eine Aktion der Pfarrei Heilig Geist, die mit dem Erlös ein Krankenhaus in Haiti unterstützt. Heuer wäre das Ganze (coronabedingt) bargeldlos, mit vorheriger Überweisung vonstatten gegangen und ohne Klingeln an der Haustür. Die für den 9. Januar geplante Aktion fiel jetzt aber doch der aktuellen, der Pandemie geschuldeten Situation zum Opfer.

Was bedeutet das? Wird man künftig Pullach vor lauter Christbäumen nicht sehen? Nun, die Entsorgung wird eben zum individuellen Akt. Spenden kann man trotzdem. Das von der Pfarrei unterstütztes Krankenhaus ist eine wichtige medizinische Versorgungseinrichtung im Norden des bitterarmen karibischen Staates - in diesen Zeiten wichtiger denn je.

© SZ vom 30.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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