Da ist der Frau Holle beim Schütteln wohl ein Kopfkissen geplatzt. Felder, Wiesen, Straßen, Dächer und das am Vorabend noch rote Auto einer Nachbarin - alles Daunenweiß. Auch das eigene Vehikel hat sich unter einem der mannshohen Schneehügel vorm Haus versteckt und will jetzt frei geschaufelt werden. Nach harter Arbeit ist der Wagen so weit von Eis und Schnee befreit, dass sich das Türschloss finden lässt. Jetzt noch von allen vier Lichtern vorschriftsmäßig den Schnee wegwischen, dann mit der Flamme eines Feuerzeugs den Autoschlüssel anwärmen, damit er das Eis im Schlüsselschlitz zum Schmelzen bringt. Gedanklich noch schnell eine kleine Verwünschung gegen Frau Holle ausstoßen, sie möge mal richtig durchgeschüttelt werden, und schließlich reinschlittern ins Vergnügen. Wird schon glatt gehen. Man hat ja nichts von dem ausgelassen, was der ADAC Haltern von eingeschneiten Autos rät.
Die Stichstraße in Deisenhofen würde sich in jetzigem Zustand bestens für einen Hindernisparcours eignen, doch danach geht's zügig voran. Vorbei am Kindergarten, wo die Kleinen wohl juchzen vor Freude über die Gaudi im Schnee. Jetzt ein Kind sein, am besten eines aus Schäftlarn, das wegen des überraschenden Schneefalls mitten im Winter heute nicht zur Schule gehen muss. Vorbei auch an einem am Straßenrand stehenden Auto, dessen Fahrerin das auf der Windschutzscheibe freigekratzte Guckloch vergrößert. Kurz vor der Autobahn nach Giesing steht die Polizei, Verkehrskontrolle. "Sie wissen, warum wir Sie anhalten?", sagt der Polizist. "Nein", antwortet wahrheitsgemäß der sich keinerlei Schuld bewusste Autofahrer. "Sie räumen jetzt das Dach frei, ich schreib inzwischen die Verwarnung", sagt der Polizist.
Ja, den Schnee auf dem Dach, gut 40 Zentimeter hoch, hat man einfach vergessen. Der Strafkatalog sieht dafür ein Bußgeld in Höhe von 25 Euro vor. Das muss auch der Hintermann zahlen, der mit der exakt gleich hohen Schneeschicht auf dem Dach rausgewunken wurde und leise schimpft: "Haben die bei diesem Wetter nichts Besseres zu tun?"