Mitgliederversammlng:Neue Ära als Opposition

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Reiner Höcherl (links) und Günter Heyland gestalten weiterhin die Politik der Freien Wähler in Neubiberg. (Foto: Claus Schunk)

Für die Freien Wähler in Neubiberg ist die Zeit nach Günter Heyland angebrochen. Der frühere Bürgermeister bleibt aber Vorsitzender der Gruppierung. Im Gemeinderat wollen die Freien Wähler streitlustiger vorgehen

Von Daniela Bode, Neubiberg

Eigentlich war es eine Mitgliederversammlung wie jedes Jahr. Dennoch besiegelte dieses Treffen der überparteilichen Wählervereinigung der Freien Wähler für Neubiberg und Unterbiberg vor kurzem auch das Ende einer Ära. Die Ära der Freien Wähler in der ersten Reihe in Neubiberg. Günter Heyland, der zwölf Jahre als Bürgermeister die Geschicke der Gemeinde lenkte und nun als Vorsitzender der Gruppierung wiedergewählt wurde, war bei der Kommunalwahl im März nicht mehr für den Posten des Rathauschefs angetreten. Bei der Versammlung blickte er wohl zunächst das letzte Mal öffentlich auf seine Amtszeit zurück, auch mit kleinen Seitenhieben.

Reiner Höcherl, der als sein Nachfolger für die Freien Wähler in den Ring gesprungen war, hatte es nicht auf den Bürgermeistersessel geschafft. Den erreichte stattdessen Thomas Pardeller (CSU). Dennoch, der Verlust der Führungsposition lässt die Freien Wähler nicht hadern. Vielmehr sehen sie ihre neue Rolle in der Opposition.

Keine Frage, Heyland war das Zugpferd. Er hat viele Jahre Erfahrung in der Kommunalpolitik, ist bestens vernetzt, ist charismatisch. Unter seiner Ägide wurde einiges erreicht, sei es der starke Ausbau der Kinderbetreuung in der Gemeinde, die Rahmenplanung Unterbiberg, das Nachverdichtungskonzept. Seit er nicht mehr kandidierte - ein Grund dafür war sicher auch, dass er immer mehr Gegenwind von Grünen und CSU spürte-, war etwas die Luft raus bei der Gruppierung, wie auch Höcherl in einer Wahlanalyse sagte. Höcherl ist nun Fraktionsvorsitzender und Dritter Bürgermeister. "Wenn wir ehrlich sind, haben wir uns natürlich mehr erwartet", sagte Heyland. Die Gruppierung kam im März nur auf vier Sitze, zuvor hatte sie sechs Plätze gehabt. Laut Höcherl habe es unter anderem am fehlenden Nachwuchs gelegen. Auf die Zahl der Mitglieder wirkte sich die maue Stimmung am Ende nicht aus. Ein- und Austritte hätten sich etwa die Waage gehalten. Aktuell haben die Freien Wähler 68 Mitglieder.

Heyland selbst scheint mit sich im Reinen zu sein. Natürlich sei es schade, die Verantwortung abzugeben, sagte er. Doch es eröffneten sich viele neue Möglichkeiten. Wie er es sich gewünscht hatte, freut er sich nun über mehr Zeit mit der Familie, mit den drei Enkeln, die er endlich beim Aufwachsen begleiten könne, und dass er mehr Zeit mit seiner Frau Susanne verbringen könne. Ganz hat er sich aus der Kommunalpolitik ohnehin nicht zurückgezogen. Er wurde ja in den Kreistag gewählt. Dort ist er stellvertretender Fraktionssprecher und sitzt in drei Ausschüssen. "Von 100 auf Null in der Politik, das würde gar nicht gehen", sagte Heyland. Und wer weiß, vielleicht wird Volksschauspiel sein neues Hobby. Während er im Frühjahr schon bei der Volksbühne Neubiberg Ottobrunn auftrat, wird er bald mit einer größeren Rolle beim "Kleinen Münchner Theater" zu sehen sein. Premiere für "Die Bierkur" von Martin Dornreiter ist am 16. Oktober im Gut Keferloh.

Die Freien Wähler indes starten nun mit etwas neuen Vorzeichen. Der bei dem Treffen neu gewählte Vorstand setzt sich ein wenig anders zusammen als bisher. Die langjährige zweite Vorsitzende Cornelia Fischer hat aus privaten Gründen nicht mehr kandidiert. Ihren Posten hat nun die bisherige Schriftführerin und Gemeinderätin Stephanie Konopac übernommen, Heyland ist weiterhin Vorsitzender, Kassier bleibt Hubert Surrer und zum Schriftführer ist Holger Koslowski gewählt worden. Auch die weiteren Gemeinderäte Höcherl, Norbert Strama und Jürgen Knopp zählen zum Vorstand.

"Auch wenn wir ein bisschen dezimiert sind, aufgeben werden wir noch lange nicht", sagte Heyland. Er verwies auf die Verdienste der Freien Wähler in letzter Zeit. Im Januar hatten sie beantragt, eine Verringerung des Stellplatzschlüssels im Ortskern prüfen zu lassen. Sie hatten einen Rufbus zwischen Neu- und Unterbiberg angeregt. Heyland erinnerte auch daran, dass er als Bürgermeister in der Diskussion um die Bebauung des Grundstücks, auf dem das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) steht, versucht habe, zwischen den Beteiligten ein Einvernehmen herzustellen. "Hier haben CSU und Grüne ein Spielchen betrieben, zu allen Plänen nein zu sagen, das wäre fast schief gegangen", sagte er. Mittlerweile ist einvernehmlich entschieden, dass der Bestand des MVZ gesichert wird und auf dem Rest des Grundstücks Häuser gebaut werden. Er betonte auch, dass die Freien Wähler viele grüne Themen angepackt hätten. "Es ist schade, dass die Grünen den Aufwind mitgenommen haben, obwohl es keinen Mangel an grünem Fortschritt" in der Gemeinde gegeben habe.

Die Treiber der Freien Wähler werden künftig die vier Gemeinderäte sein mit Höcherl an der Spitze. "Wir setzen weiter auf unsere Ideen. Ich trete auch den anderen mal auf die Füße, vor allem in den internen Sitzungen", sagte Höcherl. Er kündigte an, dass es im Herbst in der Kommunalpolitik diskursiver zugehen werde als im zweiten Quartal, in dem keine großen Entscheidungen angestanden seien. Er nannte beispielsweise das Thema Rathauserweiterung, zu dem in Vorbesprechungen nun die Zahl gefallen sei, dass man nicht mehr als 20 Millionen Euro ausgeben wolle. Er fragt sich, ob da auch schon die weitere Miete für das Bürogebäude am Bahnhof beinhaltet ist, in dem die Verwaltung ausgelagert ist, und Baukostensteigerungen. Auch beim Seniorenzentrum würden sie weiter den Finger in die Wunde halten.

© SZ vom 12.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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