Meisterliche Musik:Grenzgänger jenseits der Stille

Lesezeit: 3 min

Die Brüder Cornelius Claudio und Johannes Tonio Kreusch feiern mit einem zweitägigen "Classical & Beyond"-Festival zehn Jahre Ottobrunner Konzerte. Als musikalische Partner haben sie Giora Feidman und Bobby Watson eingeladen

Von Udo Watter, Ottobrunn

Den Jugendtraum, einmal in New York City zu leben und zu arbeiten, hat Cornelius Claudio Kreusch Anfang der Neunziger verwirklicht. Der in Ottobrunn aufgewachsene Jazz-Pianist durfte von 1993 an 14 Jahre lang in das so aufreibende wie inspirierende Klima der Metropole zwischen Hudson und East River eintauchen und hat dort auch zahlreiche aufregende Künstler kennengelernt. "Du hast dort eine Dichte an hervorragenden Musikern wie sonst nirgendwo", erinnert er sich. Eine dieser Bekanntschaften war der große Jazz-Saxofonist Bobby Watson, mit dem Kreusch auch immer wieder mal international konzertierte. Ende der Neunziger führte die beiden eine längere Tour nach Europa und Watson verbrachte damals sogar einige Zeit in Kreuschs Elternhaus in Ottobrunn. Frucht dieses Aufenthalts war die Komposition "Afternoon in Ottobrunn", die Watson den gastfreundlichen Eltern von Kreusch widmete.

Zehn Jahre später feiern die Brüder mit zwei besonderen Konzertabenden, unterstützt von internationalen Größen wie Bobby Watson. (Foto: Lafiya Watson/oh)

Der 1953 in Kansas geborene Watson, der unter anderem mit Louis Hayes, George Coleman, Dianne Reeves, Betty Carter oder Chaka Khan zusammengearbeitet hat, wird dieser Tage wieder einmal in der Gemeinde südöstlich von München vorbei schauen, als einer der beiden Gaststars eines besonderen Konzertwochenendes: Cornelius Claudio und sein Bruder Johannes Tonio Kreusch, der klassischer Gitarrist ist, feiern am Freitag, 16., und Samstag, 17. November, an zwei Abenden "Zehn Jahre Ottobrunner Konzerte".

Der andere Gast hat einen Namen, welcher freilich weit über eine bestimme musikalische Szene hinausreicht: Giora Feidman. Der 1936 in Buenos Aires geborene Klarinettist, der zu den berühmtesten Klezmer-Interpreten überhaupt gehört und durch sein filmmusikalisches Mitwirken, etwa für "Schindlers Liste" oder "Jenseits der Stille" (wo er auch selbst auftrat) einem breiteren Publikum bekannt wurde, wird Johannes Tonio Kreusch am Freitagabend begleiten. "Er ist für mich ein ganz besonderer Künstler", sagt dieser. "Ein intensiver Musiker und ein sehr inspirierender Mensch." Feidman und Kreusch kennen sich ebenfalls schon länger und haben öfter zusammen konzertiert. Unter dem Titel "The Reality of Klezmer" werden sie ein Medley mit Werken von Schubert bis Piazzolla und jiddischen Lieder auf die Bühne bringen: ein umfassendes Repertoire, stilistische Grenzen werden dabei virtuos überschritten. Feidman, der trotz seines hohen Alters von 82 Jahren immer noch musikalisch sehr aktiv ist, besitzt nach wie vor die Gabe, leichte, simple Melodien derart berührend zu spielen, dass man innerlich geradezu mitklingt. Über die Klezmermusik, die er auf die beiden hebräischen Wörter "kli" (Instrument) und "zemer" (Lied) zurückführt, sagt er: "Ich vermittle anderen meine innere Stimme, eine Idee, ein Gefühl. Ein Klezmermusiker spielt nicht, er singt. Musik wird an jedem Ort der Welt verstanden, von allen Menschen, gleich welcher Religion, welcher Hautfarbe oder Sprache."

Unterstützung gibt es auch von Giora Feidman. (Foto: Veranstalter)

Feidman und Watson sind für dieses Jubiläumskonzert von den Kreuschs natürlich nicht zufällig engagiert worden: Die beiden Musikerbrüder und künstlerischen Leiter der "Ottobrunner Konzerte", die ihren offiziellen Auftakt auf einen Auftritt des renommierten L.A. Guitar Quartetts im Februar 2008 datiert, werfen an den beiden Tagen im November auch einen Blick zurück auf ihre Projekte der vergangenen Jahrzehnte und Musiker, die sie prägten, wie Feidman und Watson. Unter dem Festival-Motto "Classical & Beyond" wird von Jazz über Tango bis Klassik und Crossover eine große Bandbreite präsentiert. Stilistische Vielseitigkeit und musikalische Offenheit heißt die Maxime, die sich in der Programmgestaltung niederschlägt. Der erste Abend steht vor allem im Zeichen des "King of Klezmer" Feidman, der mit Johannes Tonio Kreusch agiert, während im zweiten Teil der Improvisationsabenteurer Cornelius Claudio Kreusch den Solo-Part übernimmt. "Ich weiß noch gar nicht so genau, was ich machen werde. Der Jazz als Gattung schätzt ja den Moment", sagt der Pianist. Am zweiten Abend wird er mit Bobby Watson ("Ein großartiger Musiker, der sich gern mal in Trance spielt") und weiteren Virtuosen wie Bassist Jens Loh und Schlagzeuger Patrick Manzecchi aufspielen, zudem zeigen die Perkussionisten Gilson de Assis, Famadi Sako und Borel da Souza ihr Können. Johannes Kreusch wird dann mit seiner Frau, der Violinistin Doris Orsan im zweiten Teil das Programm ihrer aktuellen CD "Tangos y Canciones" präsentieren.

Die Brüder sind an ihrem Heimatort ja schon öfter aufgetreten, dennoch hat dieses Jubiläumskonzert einen besonderen Stellenwert: "Auf quasi 'unserer Bühne' mit diesen Leuten zu spielen und zu diesem Anlass - das ist schon besonders", sagt Johannes Tonio Kreusch. Im Anschluss an die Konzerte gibt es wieder das "Meet-the-Artist"-Format. Und vielleicht erklingt sogar "Afternoon in Ottobrunn".

Karten für die Konzerte am Freitag, 16., und Samstag, 17. November (Beginn jeweils 20 Uhr) gibt es im Wolf-Ferrari-Haus (089/608 08 302) oder online über www.wfh-ottobrunn.de. Weitere Infos unter www.ottobrunner-konzerte.com.

© SZ vom 03.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: