Lebensmittelgroßhändler:"Faulig, muffig und grünlich verfärbt"

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Kontrolleure fanden im Lager eines Lebensmittelgroßhändlers 1,4 Tonnen verdorbene Ware. Warum er mit einer Geldstrafe von nur 7200 Euro davonkommt.

Christian Rost

Georgios Papazof ist vermutlich der einzige Lebensmittelgroßhändler in München, in dessen Lager verdorbene Ware gefunden wurde, der aber dennoch von den Kontrolleuren des Kreisverwaltungsreferats (KVR) gelobt wird.

So geschehen am Donnerstag vor dem Münchner Amtsgericht, wo sich der 62-jährige Grieche wegen 14 Verstößen gegen das Lebensmittelrecht verantworten musste. Das Paradoxon löst sich auf, wenn man die Bilanz des Feinkostbetriebs betrachtet: Zum ersten Mal war nicht zum Verzehr geeignete Ware in den Kühlhallen der Firma im Schlachthofviertel gefunden worden. Allerdings hatten es diese 600 Kilogramm Fleisch und Fisch buchstäblich in sich.

Voriges Jahr im Juni meldete ein Gastronom vom Tollwood-Festival bei der Polizei, er habe eine ekelerregende Fischlieferung von Papazof erhalten. Es handelte sich um Sprotten, deren Haltbarkeitsdatum ein halbes Jahr überschritten war. Die Lebensmittelüberwacher vom KVR filzten die Feinkost GmbH an der Zenettistraße daraufhin zwei Tage lang - und wurden fündig.

"Ich will doch die Leute nicht vergiften"

Unter den gelagerten 70 Tonnen Lebensmittel fanden sich viereinhalb Tonnen abgelaufene Ware, wovon 1,4 Tonnen völlig verdorben waren. "Das waren alles Retouren, die an die Hersteller zurückgeschickt werden sollten", verteidigt sich Papazof, der seit 35 Jahren am Großmarkt handelt. "Ich will doch die Leute nicht vergiften."

Hätte jemand von den Schälrippen, Fleischspießen, Rinderfilets, den "jungen Enten", den Sprotten oder den "ganzen Lämmern" gekostet, wären die Folgen wohl verheerend gewesen. Staatsanwältin Katja Schreiber beschreibt die Fundstücke teils als "faulig, fäkal und muffig im Geruch" und mit "grünlicher Verfärbung". Fleisch lag in einer "fadenziehenden Flüssigkeit". Das alles hätte nicht im Verkaufsbereich stehen dürfen.

Papazof und sein Anwalt Volker Siegel räumen das ein, sprechen aber von einer "schwierigen Zeit" damals im Juni 2009. Der Firmenchef habe sich um seine kranke Mutter kümmern müssen und sei ansonsten mit dem Ausbau einer neuen Gaststätte beschäftigt gewesen, in der es einen Wasserschaden gegeben habe.

Die 14 Arbeiter im Lebensmittellager hätten derweil geschlampt und frische und alte Waren nicht sauber getrennt. Da auch ein Lebensmittelkontrolleur von einem "einmaligen Vergehen" spricht und Papazof ansonsten ein tadelloses Zeugnis ausstellt, kommt der Händler mit einer vorab ausgehandelten Geldstrafe von 7200 Euro davon.

Richter Jürgen Hanselmann, der die Hälfte der 14 Anklagepunkte fallen lässt, erkennt nur einen "bedingten Vorsatz" bei Papazof.

© SZ vom 20.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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