Lebende Krippe:Ochs und Esel mit Bühnenerfahrung

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Seit 2010 führen die "Birkenstoana" die gekürzte Version der Heiligen Nacht von Ludwig Thoma auf. Zur Freude der kleinen Besucher sind auch Tiere mit dabei. (Foto: Florian Peljak)

Der Trachtenverein "Birkenstoana" führt die Heilige Nacht bereits seit 2010 auf. Etliche Mitglieder dürfen mitspielen, Sterne tragen oder auch mal ein Schaf wieder einfangen. Ein besonders lebendiges Krippenspiel

Von Michael Morosow, Oberschleißheim

Selbst über Bethlehem zogen am Sonntag laut Wetter-App graue Regenwolken. So muss sich der kleine Engel nicht darüber grämen, ausgerechnet im nassgrauen Oberschleißheim der Heiligen Maria erscheinen zu müssen. Die Mutter des Erlösers wie auch ihr Verlobter Josef haben entsprechende Maßnahmen ergriffen, um einer Erkältung vorzubeugen. Maria, Gottes ergebene Magd, trägt zwei Leggins unter ihrem Dirndl, Josef von Nazareth eine lange Unterhose. Das Wetter passt nicht einmal so schlecht in die Szenerie, ist es doch ebenso unwirtlich wie die Herbergsbesitzer, die dem Paar vor knapp 2016 Jahren die Tür gewiesen hatten.

Die Lebende Krippe des Trachtenvereins "Birkenstoana" war nun schon zum siebten Mal Besuchermagnet. Weniger als sonst, aber dennoch circa 600 Zuschauer fanden sich zu den beiden Vorstellungen vor dem alten Schloss von Oberschleißheim ein, um die biblischen Geschehnisse hautnah verfolgen zu können - vor einer prächtigen Kulisse inmitten der ehrwürdigen Schlossanlage. Die Krippe der "Birkenstoana" ist die zweifellos lebendigste ihrer Art im weiten Umkreis. Sie beschränkt sich nicht auf die pure Darstellung der Heiligen Familie und zweier Schafe wie andernorts. Unter der Regie von Antonia Keller haben sich Dutzende Vereinsmitglieder ins Zeug geworfen, um unter anderem als Nachtwächter, Wirt und Wirtin, Hirten, Engel, Heilige Drei Könige oder eben als Maria und Josef detailgetreu in Erscheinung treten zu können. Dazu gehört auch, dass Josef vor seinem Auftritt die Armbanduhr ablegt. Es ist ein Schauspiel, das die Trachtler seit 2010 Jahr aufführen, eng angelehnt an die Heilige Nacht von Ludwig Thoma, die sie in gekürzter Version präsentieren.

Zur Freude nicht nur der kleinen Besucher in der ersten Reihe haben die "Birkenstoana" nicht nur halb Bethlehem auf die Beine gestellt, sondern auch eine Auswahl von der Arche Noah mitgebracht. Die Schafe und ihre drei Lämmchen stammen von der Einöde Hochmutting. Ihnen wurde extra ein "Schäfer" aus der Trachtengruppe zur Seite gestellt, damit nicht wie schon einmal das Mutterschaf, von der heiligen Betriebsamkeit genervt, ausbüxt und auf den Schultern zurückgetragen werden muss. Der Ochs, ein kraftstrotzender Kerl, hat bereits Bühnenerfahrung, ist er doch ein Filmochse aus Attenkirchen. Auch der Esel kommt aus dem Schauspielfach, sein Vorgänger hat sogar bei Wickie und die starken Männer gespielt - als Esel. Den beiden Kamelen aus Weyarn wurde eine tragende Rolle zugewiesen. Auf ihren Rücken lassen sich Kaspar und Balthasar durch den Stern, getragen von Anja Meister, zum Christuskind leiten. Und Melchior? Der Mohrenkönig hat Glück im Unglück. In Ermangelung eines dritten Kamels haben die "Birkenstoana" ein wenig improvisiert; Melchior wird auf einer Sänfte getragen. Alles lebt, alles huldigt dem kleinen Jesuskind, nur dieses selbst ist nicht aus Fleisch und Blut; das Jugendamt würde wohl eingreifen, wenn ein Baby zwei Vorstellungen lang in einer vielleicht zwei Quadratmeter großen Krippe zwischen seinen Eltern und zwei Strohballen auf die Ankunft der Heiligen Drei Könige warten müsste. Und dann noch die Lautstärke drumherum. Es dudelt keine Weihnachtsmusik aus dem Lautsprecher, für die Fanfaren- und Trompetenklänge zeichnet Roland Leibhart mit seiner Bläsergruppe verantwortlich, auf der Steirischen spielt Michael Straschischnig, für den Gesang wurden die Armstorfer Sänger verpflichtet.

Vor allem abends leuchteten die Augen der Besucher mit den vielen bunten Bühnenlampen um die Wette. Der Lichterglanz, hier und dort ein wenig Stallgeruch, zu dem Ochs, Esel und Kamele ihren Teil beitrugen, die Geräuschkulisse, eine himmlische Melange aus echten Stallgeräuschen, weihnachtlichen Weisen und bethlehemscher Betriebsamkeit, die sonore Stimme des Sprechers Alois Rößner - alles fügte sich zu einem stimmigen Ganzen.

"Bethlehem ist eine schöne Vorstellung", sagte die Heilige Maria, im wirklichen Leben Isabel Fresno, eine 26-jährige Bauingenieurin aus Sendling. Aber die Version von Ludwig Thoma gefalle ihm besser, wirft der Heilige Josef ein, der 47-jährige Markus Anwander, Speditionskaufmann aus Unterschleißheim. Und irgendwie, so sagen beide, weise die Herbergssuche von damals Parallelen zur heutigen Flüchtlingssituation auf. Nur dass dafür noch kein richtungsweisender Stern gesichtet wurde.

© SZ vom 12.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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