Wahlkämpfer müssen wissen, was die Menschen da draußen bewegt - welche Themen ihnen am Herzen liegen. Die Partei "Die Partei" - die ja eigentlich Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative heißt - hat im vergangenen Bundestagswahlkampf ein Thema entdeckt, das die Konkurrenz noch nicht auf dem Schirm hatte: "Dönerpreisdrosselung jetzt! Großer Döner für maximal 3,50 Euro!", plakatierte die Partei des Satirikers Martin Sonneborn. Mit scharf natürlich.
Die Junggebliebene
Mädchenhaften Charme strahle sie aus, hat einmal ein Autor in der SZ geschrieben. Stimmt ja immer noch bei Natascha Kohnen. Ihr Wahlplakat aber erinnert eher an die Einladung der Schülermitverwaltung zum nächsten Monatstreffen. Viele Informationen mit viel Photoshop zusammengestückelt. Der Charme der jung gebliebenen SPD-Spitzenkandidatin kommt trotzdem rüber. müh
Der Staatsmann
Der Stammtischbruder gibt sich ganz staatsmännisch - wäre da nicht dieses grässliche Quietsche-Enten-Gelb im Hintergrund. Aber das kann sich ein angehender Alterspräsident leisten. Denn als solcher würde der Focus-Gründer Helmut Markwort für die FDP die erste Plenarsitzung des neu gewählten Landtags eröffnen. Mit was er dann glänzen will, ist klar: Fakten, Fakten, Fakten. müh
Die Zuhörerin
Die Haare schön, das Lächeln breit - da wäre es gar nicht notwendig, einen Teil des Kopfes von Annette Ganssmüller-Maluche wegzuschneiden, noch dazu das Ohr, obwohl sie doch zuhören will. Und wenn, dann doch besser das rechte, dem modernen Bildschnitt opfern. Als Ausgleich haben die Plakatmacher für den langen Namen der SPD-Frau eine ordentliche Schriftgröße gewählt. mm
Die Stilechte
Anzunehmen, dass beim Kleben dieser Wahlwerbung kein leistungsfähiger Leim-Waschel zur Hand war. Solche Falten, wie sie das Plakat wirft, hat Grünen-Kandidatin Claudia Köhler in echt nämlich nicht. Ansonsten ist alles ganz stilecht: Sympathische Frau in Trachtenjacke steht vor grünem Hintergrund plus Sonnenblume und kündet vom neuen Bayern, dass da kommen mag. sab
Der Einflüsterer
Nikolaus Kraus und Florian Ernstberger bewegen sich auf dem Plakat nicht auf einer Ebene. Der Landtagskandidat Kraus wirkt größer und dominant, als wäre er ein Bauchredner mit seiner Puppe. Aber keine Angst: Ernstberger muss Einflüsterungen von Kraus nicht fürchten. Er kandidiert für den Bezirkstag. Und er ist ja auch der gestandene Fraktionschef der Freien im Kreistag. belo
Der Kindliche
Derzeit wird die alte Rateshow Dingsda, einstmals moderiert von Fritz Egner, im Ersten reanimiert. CSU-Kandidat Ernst Weidenbusch hat schon mal die beliebteste Pose jener Kinder angenommen, die in der ersten Auflage der Reihe Begriffe des Alltags umschrieben und sich dabei mit Gummibärchen vollstopften. Nicht dass dem kleinen Ernsti noch die Lösung rausrutscht - Uups! stga
Die Zufriedene
Grün dominiert. Allein die Farbgestaltung dieses Plakates lässt vermuten, dass Ministerin Kerstin Schreyer verlorene Wähler zurückgewinnen will, eben auch von den Grünen, bevor die zu mächtig werden. Blick und Pose signalisieren: Die Frau ist zufrieden mit sich und ihrer Arbeit. Was sich beißt, sind verschränkte Arme und der Spruch: "Bewegt was, bewirkt was." mm
Den Ausflug ins Kulinarische wagen die Parteien im Landkreis München im Landtagswahlkampf nicht. An der notwendigen Schärfe aber fehlt es zumindest dem CSU-Direktkandidaten im Stimmkreis München-Land Nord, Ernst Weidenbusch, nicht. "Franz Josef Strauß würde niemals Nazis wählen", plakatiert der Haarer und attackiert damit die AfD frontal, ohne sie auf seinen Aushängen beim Namen zu nennen. Das war es dann aber schon mit wirklich Herzhaftem auf den Plakaten der Kandidaten in den beiden Stimmkreisen des Landkreises. Von Rote-Socken-Kampagnen oder plumpen Sprüchen wie "Kriminalität verbieten", den die Bayernpartei vor zehn Jahren auf Papier druckte, keine Spur.
Eher kreuzbrav kommen die Werbetafeln heute daher; fröhliche und vor allem zuversichtliche Gesichter strahlen die potenziellen Wähler von den Plakatwänden her an - selbst jene Kandidaten, die konsequent im Umfragetief feststecken, zeigen ihr schönstes Urlaubsfoto-Gesicht. Manche prahlen zusätzlich damit, sie könnten endlich mal Fakten ins Maximilianeum bringen, andere tragen ganz Bayern im Herzen, präsentieren sich als gute Zuhörer - oder verzichten gleich ganz auf eine politische Aussage oder Forderung.
Das ist aber immer noch besser als einst der Werbespruch eines CSU-Stadtratskandidaten im Fränkischen. "Chabos wissen, wer der Babo ist", plakatierte der Jungspund. Das verstehe, wer will.