Landkreis:Weniger Fläche, weniger Tiere

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Die Landwirtschaft befindet sich in der Region München auf dem Rückzug. Niedrige Erzeugerpreise erschweren die Lage

Von Alexandra Vettori, Landkreis

Es gibt sie noch, die Bauern, die sich in der Boomregion München gegen die Urbanisierung stemmen und weiter ackern und ernten. 512 Landwirte arbeiten noch im Landkreis München und bewirtschaften 43 Prozent der gesamten Fläche. Betrieben wird vor allem Ackerbau, angebaut wird vor allem Getreide, das mehr als die Hälfte der Felder bedeckt, auf 18 Prozent der Flächen wächst Mais. Dazu gibt es, besonders im südlichen Landkreis, noch 130 Milchviehbetriebe, in denen derzeit 2900 Kühe gehalten werden, ein knappes Drittel davon sogar in Laufställen. Nicht nur die Bauern, auch die Nutztiere werden seit Jahren weniger, die einzige Ausnahme: Pferde. Deren Zahl hat stetig zugenommen, aktuell gibt es 1700.

Im Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Ebersberg gehen auch die Daten der Münchner Landkreisbauern ein, zusätzlich ist man für den Kreis Ebersberg zuständig. Im Kreis München dominieren Familienbetriebe, mit einer durchschnittlichen Größe von etwa 40 Hektar. Zwei Drittel der Landwirte wirtschaften im Haupterwerb, sie nutzen 90 Prozent der Felder, das eine Drittel Nebenerwerbsbauern arbeitet auf den restlichen neun Prozent. Die Struktur der Betriebe weist eine deutliche Zweiteilung auf: Im Süden dominieren Milchviehbetriebe und Grünlandnutzung, im Norden und Nordosten sind es Acker- und Gemüsebau. Die Geschwindigkeit des Höfesterbens hat sich in den Vorjahren verlangsamt, stellt Rudolf Gasteiger vom AELF fest. Er schränkt dennoch ein: "Es geht immer ein paar Prozent rauf oder runter, aber insgesamt werden die Betriebe weniger." Zu den 512 Landwirten im Landkreis gibt es noch 105 auf dem Gebiet der Stadt München.

Die große Hitze hat zur Folge, dass das Getreide bereits geschnitten wird. (Foto: Angelika Bardehle)

Außer den üblichen Problemen, wie Preisdruck und überbordende Bürokratie, haben die Bauern der Boomregion zusätzlich mit dem rasanten Flächenverbrauch zu kämpfen. Weil die Preise für Land exorbitant hoch sind und trotzdem kaum jemand etwas verkauft, haben sie wenig Entwicklungsspielraum. "Selbst wenn einer etwas pachten möchte, es ist nichts mehr da. Die landwirtschaftlichen Flächen sind der letzte Flächenpool", sagt Gasteiger. Nach aktuellen Daten sind es durchschnittlich 100 Hektar Felder und Wiesen im Jahr, die seit 2005 zugebaut worden sind.

Auch dass der Tierbestand kontinuierlich sinkt, liegt an der dichten Besiedelung. Zu den knapp 3000 Rindern gibt es noch gut 5000 Schafe, vor allem in den Isarauen und den Heiden im Norden. "Die Tierhaltung im Landkreis nimmt rapide ab", bestätigt Gasteiger, das liege vor allem an der Nähe zu den Nachbarn. "Das tut sich keiner an. Schweinehaltung hier, das wäre Selbstmord." Weniger Probleme gibt es mit Pferden. Nicht nur im direkten Münchner Umland, auch in den Nachbarlandkreisen nimmt die Pensionspferdehaltung zu.

Martin Stadler, stellvertretender Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands (BBV), setzt nach wie vor auf Milchvieh. 68 Kühe hat er im Stall. Er kämpft derzeit aber weniger mit dem Siedlungsdruck, als eher mit dem niedrigen Milchpreis. "Die ersten Molkereien sind schon unter 30 Cent", sagt er. Er hat erst vor zwei Jahren einen neuen, tierfreundlichen Laufstall gebaut, jetzt stehen die höheren Kosten sinkenden Milchpreisen gegenüber. Zwar sind es die Lebensmittelkonzerne, die das Preisdiktat ausüben, doch Stadler betont, der Verbraucher habe durchaus Möglichkeiten: "Wenn ich im Supermarkt immer die billigste Milch nehme, tu ich dem Bauern damit bestimmt nichts Gutes." Er appelliert an die Konsumenten, auf regionale, bayerische Produkte zu achten, und nicht unbedingt auf die preisgünstigsten. Das sieht auch der Geschäftsführer beim Bauernverband München-Land, Peter Rosipal, so. Zwar erschwerten Siedlungsdruck und Flächenfraß die Situation der Landwirte im Landkreis, sagt er. Ihr Hauptproblem seien allerdings die niedrigen Erzeugerpreise.

© SZ vom 12.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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