Landkreis:Vielfalt als Chance

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Soziologin Ingegerd Schäuble hält interkulturelle Kompetenz in einem Landratsamt für wichtig. (Foto: Angelika Bardehle)

Landrat Göbel richtet am Deutschen Diversity-Tag eine Botschaft an seine Behörde

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Es geht gerade um die noch immer vorherrschenden patriarchalischen Strukturen in unserer Gesellschaft, als der Patriarch selbst den Festsaal des Landratsamtes am Mariahilfplatz betritt. Landrat Christoph Göbel darf jederzeit als solcher bezeichnet werden, ist er doch Hausherr in der Behörde - und dieses Synonym empfiehlt der Duden als orthografische Instanz. Mit den ebenfalls sinnverwandten Bedeutungen Stammesoberhaupt oder gar Pascha und Tyrann aber würde Göbel gerade am 5. Deutschen Deutschen Diversity-Tag Unrecht getan, hat sich der Landrat doch zum Ziel gesetzt, die Vielfalt gleichermaßen in seiner Behörde zu leben und in der Landkreis-Gesellschaft zu verwirklichen.

Dass sich das Landratsamt am Diversity-Tag beteiligt, ist mittlerweile selbstverständlich. Schließlich hat der Kreis auch die sogenannte Charta der Vielfalt unterzeichnet - eine bundesweite Initiative zur Förderung der Diversität in Unternehmen und Behörden. "Gerade jetzt werden in der Weltpolitik Ängste vor der Andersartigkeit geschürt", sagte Moderator Philippe Ludwig bei seiner Begrüßung. "Wir aber sind ein vielfältiger, offener und toleranter Landkreis, der allen Bürgern die gleichen Chancen bieten will." Die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Teresa Howorka sagte, Vielfalt sei ein Reichtum: "Und das wollen wir nach außen tragen."

Die Behörde am Mariahilfplatz ist zwar ein eigener Kosmos in sich, spiegelt aber doch in ihrer Zusammensetzung den sehr heterogenen Landkreis München wider - mit all seinen Facetten. "Eine rund arbeitende Gemeinschaft ist das Amt", sagte Landrat Göbel - der Patriarch. "Aber auch wir tun uns manchmal schwer, das für uns Unbekannte sich frei entfalten zu lassen." Jeden Tag müsse der Einzelne und die Gemeinschaft als Ganzes aber daran arbeiten, dass dies doch gelinge.

Dies ist auch der Soziologin Ingegerd Schäuble und der Ingenieurin Oranna Erb ein Anliegen, die sich im Sozialforschungsinstitut Schäuble der Diversität - und der Akzeptanz des Reichtums in der Andersartigkeit - verschrieben haben. "Wie sehr wir die interkulturelle Kompetenz brauchen, merkt man in einem Amt", sagte Schäuble in ihrem Plädoyer für die Vielfalt. "In einer Behörde, die mit und für Menschen arbeitet. Wenn wir lernen, uns zu verstehen, gehen die Konflikte zurück - und nebenbei auch die Zahl der Burn-outs."

Im Landratsamt wird seit Jahren etwa mit den sogenannten Freitags-Matineen die Begegnung gesucht. Interne Treffen, bei denen sich die Mitarbeiter besser kennenlernen und verstehen sollen. Auch in dem, was sie ganz persönlich auszeichnet - ihre Kultur, Herkunft, Hautfarbe, ihr Geschlecht, ihre Sexualität oder die Gehaltsklasse und die Urlaubstage.

Das Landratsamt, weiß Landrat Göbel, hat hier einerseits eine Vorbildfunktion für den gesamten Kreis - und muss andererseits mit den rasanten Entwicklungen und gesellschaftlichen Veränderungen mithalten. "Ich bin der festen Überzeugung, dass die Vielfalt, die auch im demografischen Wandel liegt, für uns eine echte Chance ist", sagte Göbel.

© SZ vom 01.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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