Landkreis:Turbulente Tage

Lesezeit: 2 min

Ernst Weidenbusch bringt als Übergangschef im Landratsamt neue Stellen auf den Weg

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Im Dezember 2014 geht es im Ismaninger Bürgersaal um viel Geld. Die Kreisräte beraten den Haushalt für das Jahr 2015 - und sie beraten darüber, wie viele neue Stellen im Landratsamt am Mariahilfplatz geschaffen werden müssen, um all den Herausforderungen Herr zu werden. Landrat Christoph Göbel fordert damals 118 neue Stellen; das Gremium bewilligt 60. Verteilt auf alle Stabsstellen der Behörde.

Acht Monate später wird klar: Auch diese 60 Stellen werden bei weitem nicht reichen, um die drängendste Herausforderung der aktuellen Zeit zu meistern: den nicht abreißenden Strom an Flüchtlingen.

Dominiert dieses Thema auch mitten in den Ferien die Kreispolitik, hatten es die Kreisräte bei den Budgetverhandlungen in Ismaning noch nahezu ausgeklammert. Jetzt kommt niemand mehr daran vorbei - und die Mitarbeiter am Mariahilfplatz stoßen bei der Bewältigung der Krise an ihre Grenzen. Gleichwohl stellt Ernst Weidenbusch, CSU-Landtagsabgeordneter und in den vergangenen Wochen in der Abwesenheit von Landrat Göbel Chef der Behörde, eines besonders heraus: "So ein Engagement in einer Verwaltung habe ich noch nicht erlebt."

Von einem sogenannten Sommerloch, sagt Weidenbusch, sei in den vergangenen Wochen wahrlich nichts zu spüren gewesen. Für den stellvertretenden Landrat waren und sind es vielmehr turbulente Tage. Am Dienstag konnte der Landtagsabgeordnete verkünden, dass auf dem Gelände der Bundeswehruniversität Neubiberg auf Unterhachinger Flur wohl noch im Herbst zusätzlich drei Traglufthallen des Landkreises sowie eine Dependance der Erstaufnahmeeinrichtung der Landeshauptstadt aufgebaut werden - mit einer Gesamtkapazität für bis zu 1100 Flüchtlinge. Nun wird bekannt, dass das Landratsamt noch an diesem Wochenende bis zu zehn weitere Stellen ausschreiben wird; vor allem sucht die Behörde Sozialpädagogen, um den eigenen Vorgaben bei der Betreuung von Asylbewerbern gerecht werden zu können. Momentan kümmert sich ein Sozialbetreuer im Landkreis um etwa 200 Asylbewerber - der Landkreis aber hatte eigentlich einen Betreuungsschlüssel von 1:100 angepeilt. "Wir führen zur Zeit am laufenden Band Vorstellungsgespräche und schreiben immer wieder Stellen aus", sagt eine Mitarbeiterin des Landratsamtes. "Aber der Markt ist momentan schwierig; es ist nicht einfach, alle Stellen optimal zu besetzen."

Vor der Betreuung steht die Unterbringung. Bei der "Errichtung und dem Bau fester Unterkünfte" könne der Landkreis mit der Zahl der neu ankommenden Asylbewerber nicht Schritt halten, sagt Weidenbusch. Daher müssten weiter Notunterkünfte "aus dem Boden gestampft werden". In seine kurze Amtszeit fiel die Entscheidung, die Turnhallen in Gräfelfing und Kirchheim erneut in temporäre Herbergen umzuwandeln; derzeit sind etwa 600 Menschen in Hallen im Kreis untergebracht. Die Stabsstelle Bauen im Landratsamt ist momentan fast ausschließlich damit beschäftigt, neue Grundstücke für Unterkünfte und Traglufthallen zu finden, Bauten zu prüfen und abzunehmen. Für die Notunterkünfte müssten Catering bestellt, Objektbetreuer beauftragt, Tische, Betten und Kissen organisiert werden - oft von jetzt auf gleich, nicht selten in der Nacht. "Viele Kollegen sind bis spät in die Nacht an ihren Schreibtischen", sagt Weidenbusch; dank dieses Einsatzes sei von einem verstaubten "Behördenimage" nichts zu spüren. Es hat aber auch zur Folge, dass die Mitarbeiter am Limit sind - und neue Stellen dringend besetzt werden müssen.

© SZ vom 22.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: