Landkreis:Neue Wälle, Tunnel und Flüsterasphalt

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Straßenlärm ist in allen 29 Kommunen des Landkreises ein großes Problem. Ein Gutachten untersucht auch Maßnahmen gegen den Krach. (Foto: Angelika Bardehle)

Ein mehr als 230 Seiten starkes Gutachten dient dem Landkreis als Grundlage, um Bürger besser vor Lärm zu schützen

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Ein Jahr lang haben sich die Ingenieure Ulrich Möhler und Rudolf Liegl aus dem Büro Möhler und Partner mit einem Thema beschäftigt, das viele Menschen im Landkreis München bewegt und ihnen in großer Zahl Sorge bereitet: die Verkehrs- und Lärmschutzproblematik in den 29 Kommunen von Unterschleißheim bis Grünwald. Das Werk, das die beiden am Montag dem Ausschuss für Mobilität und Infrastruktur in einer deutlich gekürzten Version präsentiert haben, umfasst insgesamt 232 Seiten - und soll dem Landkreis als Grundlage für zentrale Lärmschutzmaßnahmen dienen.

Der Kreis will in kürzester Zeit auf jene Straßen, für die er selbst Verantwortung trägt, mit gutem Beispiel vorangehen. Nach Beschluss des Gremiums wird der Landkreis an seinen Kreisstraßen Maßnahmen ergreifen, "um die Einhaltung der Lärmsanierungsgrenzwerte für alle Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten", wie es heißt. "Vor zwei Jahren haben wir beschlossen, dieses Gutachten zu erstellen", sagte Landrat Christoph Göbel. "Jetzt müssen wir den nächsten Schritt gehen und dort, wo akuter Handlungsbedarf besteht, auch Maßnahmen umsetzen."

Genau dafür bedürfe es dieses umfassenden Werks, sagte Göbel. Denn die Grundaussagen sind freilich nicht überraschend. Wohl kaum ein anderer Landkreis im Freistaat, sagte Möhler, werde derart vom Verkehr belastet. Acht Autobahnen durchziehen den Kreis, viele Kommunen liegen mit Wohngebieten nah an diesen stark frequentierten Trassen. Die Stärke des Gutachtens, das war auch das Urteil quer durch alle Fraktionen im Ausschuss, liege in der detaillierten Aufarbeitung der Verkehrssituation in allen 29 Kommunen, der Dokumentation bereits bestehender Lärmschutzmaßnahmen und konkreten Vorschlägen, wie derzeit akute Situationen verbessert werden könnten - etwa mit neuen Wänden, Tunnel und modernen Fahrbahnbelägen.

Die Krux beim Lärmschutz - auch und gerade im Landkreis München - aber besteht darin, dass der Landkreis eben nur für Kreisstraßen Verantwortung trägt; die Hoheit über Autobahnen und Bundesstraßen liegt dagegen beim Bund, jene über Staatsstraßen beim Freistaat und die der Gemeindestraßen logischerweise bei den Kommunen. Als, so der bürokratische Titel, Straßenbaulastträger. Daher widmete sich der Ausschuss auch der Frage, wie der Kreis über seine eigene Verantwortung hinaus Einfluss auf Lärmschutzmaßnahmen etwa an Autobahnen oder Bundesstraßen ausüben könne. Das Gremium formulierte dies, der Anregung Göbels folgend, mit einem weiteren Beschluss: Gemeinsam mit den Kommunen müsse sich der Kreis für die Einhaltung der Lärmsanierungsgrenzwerte an "Straßen anderer Baulastträger" einsetzen. Denn es geht immer um die in Dezibel gemessenen Grenzwerte. Die Bemessungsgrundlage, anhand derer das Büro Möhler die Konfliktpunkte erarbeitet hat, bilden die Lärmsanierungsgrenzwerte, die etwa für Wohngebiete tagsüber 67 Dezibel und nachts 57 Dezibel betragen. Tobias Thalhammer von der FDP, gleichwohl er für den Vorschlag des Landrats votierte, echauffierte sich darüber, dass "wieder mal nichts Konkretes" in der Vorlage stecke. Man stehe erst am Anfang, konterte der Landrat.

Putzbrunns Bürgermeister Edwin Klostermeier (SPD) sprach auch das Thema Tempolimit auf Autobahnen an: "Wenn nachts auf der A 99 ein Motorradfahrer mit 200 unterwegs ist, hört man das von Aschheim bis Hofolding. Da reißt es einen dreimal in der Nacht aus dem Schlaf." Aus Sicht der Planer aber könne ein Tempolimit kaum einen Beitrag zum Lärmschutz leisten. Auf den 232 Seiten findet sich dazu auch nichts.

© SZ vom 07.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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