Landkreis:Die Bewährungsprobe

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Der Landkreis hat seine Flüchtlingshilfe professionalisiert - die Traglufthallen werden abgebaut

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Es hat ein Wandel hin zu einer gewissen Normalität stattgefunden, den viele Bürgermeister und Landrat Christoph Göbel (CSU) gespürt haben. Es gab in diesem Jahr tatsächlich Bürgerversammlungen, auf denen die Flüchtlingsthematik überhaupt keine Rolle gespielt hat. Auf denen es nicht eine Wortmeldung, nicht eine kritische Anmerkung zur Unterbringung von Schutzsuchenden, zur Integration der Menschen in die Gesellschaft und zum künftigen Miteinander gab.

Wie anders hatte die Situation noch ein Jahr zuvor ausgesehen.

Die mittlerweile nahezu komplett geschlossene Balkanroute und der Deal mit der Türkei hinterlassen natürlich ihre Spuren auch und gerade in den Landkreisen und Kommunen. Seit dem Frühjahr 2016 erhält der Landkreis von der Regierung von Oberbayern keine zahlenmäßig vorgegebenen Zuweisungen mehr. In der heißen Phase seit dem Herbst 2015 harrten teils Hunderte Menschen in der Kälte vor dem Landratsamt am Mariahilfplatz aus, um endlich registriert und in eine Turnhalle oder andere Unterkunft gebracht zu werden. Nicht zuletzt diese Bilder haben die Kreispolitik in diesem Jahr veranlasst, die Flüchtlingshilfe zu professionalisieren und alle relevanten Bereiche in der Stabsstelle Asyl mit ihren derzeit etwa 80 Mitarbeitern in einem Gebäude in der Giesinger Ludmillastraße unterzubringen. Dort kommen heute die Flüchtlinge an, von dort aus werden sie weiterverteilt - und hier wird ihre Zukunft im Landkreis koordiniert. Für den bevölkerungsreichsten Landkreis des Freistaats bleibt die Unterbringung und Integration der Schutzsuchenden eine der zentralen Aufgaben auch im kommenden Jahr.

Der Landrat und auch die Bürgermeister der 29 Städte und Gemeinden hatten dabei in den vergangenen zwölf Monaten nicht immer das Gefühl, dass ihnen seitens der Staatsregierung die bestmögliche Unterstützung zuteil geworden ist. So löste insbesondere der vorübergehende Baustopp neuer, fester Unterkünfte bei den Kommunalpolitikern Entsetzen aus. Im Mai etwa kritisierten Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) und sein Neubiberger Kollege Günter Heyland (Freie Wähler) die Staatsregierung für diese Maßnahme harsch; sie torpediere das "vorausschauende Handeln" der Kommunen bei der menschenwürdigen und dezentralen Unterbringung von Flüchtlingen. Mittlerweile hat die Staatsregierung den Baustopp wieder gelockert und unter anderem die Siedlung am Kathi-Weidner-Weg in Ottobrunn genehmigt.

Ausgedient haben hingegen die Traglufthallen. Sieben dieser provisorischen Unterkünfte waren einst zeitgleich in Betrieb - mittlerweile stehen nur noch jene in Unterhaching und Haar. Die Hallen, die bis zu 300 Menschen Platz bieten, waren nicht unumstritten. Sie halfen dem Landkreis aber, der großen Zahl an Asylsuchenden Herr zu werden. Zudem konnte Landrat Göbel sein Versprechen einlösen, keine weiteren Turnhallen in den Kommunen mehr belegen zu müssen.

Dabei geholfen hat, dass die Regierung von Oberbayern die Quoten zur Unterbringung von Flüchtlingen im Laufe des Jahres nach unten korrigiert hat. Für den Landkreis von anfangs etwa 9000 Menschen bis Ende 2016 auf nun 6000 Schutzsuchende. Ganz so viele werden es in den verbleibenden Tagen aber sicher nicht mehr. Momentan leben im Landkreis etwas mehr als 4000 Flüchtlinge.

Hinzu kommen noch etwas mehr als 300 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die meisten davon in Hohenbrunn und auf der Burg Schwaneck in Pullach. Von dort aber müssen die Minderjährigen im kommenden Frühjahr ausziehen - deren Unterbringung wird dann die nächste, wirklich große Bewährungsprobe für die Kreispolitik.

© SZ vom 27.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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