Landkreis:Das große Bettenmachen

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Birgit Haschke, Hausmeister Seppo Zimmermann und Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund bereiten die Turnhalle der Josef- Breher-Mittelschule vor. (Foto: Claus Schunk)

Wöchentlich kommen 50 neue Asylbewerber an. Außer Turnhallen prüft der Landkreis deshalb auch Grundstücke für Zelte, Container und Traglufthallen

Von Gudrun Passarge, Landkreis

Der Druck wächst. Der Landkreis rechnet in nächster Zeit mit 50 neuen Asylsuchenden pro Woche, die in den Gemeinden untergebracht werden müssen. Doch freie Betten in Flüchtlingsunterkünften stehen kaum noch zur Verfügung. In Pullach sind am Freitag 50 Flüchtlinge in die Turnhalle der Josef-Breher-Mittelschule eingezogen, bis zu 100 Menschen könnten dort Platz finden. Christine Spiegel, Pressesprecherin des Landratsamts, geht davon aus, dass die Halle auch voll belegt werden wird. Aber auch das reicht noch nicht. "Wir sind dabei, weitere Notunterbringungen zu installieren", sagt Spiegel. Geprüft würden Turnhallen, aber auch Grundstücke, um Zelte, Container oder Tragschwebehallen aufzustellen.

Aktuell leben 1315 Asylbewerber im Landkreis, verteilt auf die 29 Kommunen. Dabei achte das Landratsamt darauf, die Hilfesuchenden je nach Einwohnerzahl in den Gemeinden unterzubringen. "Wir haben das Ansinnen, die Gemeinden gleichmäßig mit ins Boot zu nehmen", sagt Spiegel. Eine Verteilung je nach Größe der Gemeinden sei in zweierlei Richtung positiv, zum einen für die Asylbewerber, zum anderen für die Bevölkerung, die Integration sei so besser zu bewältigen. Spiegel lobt in diesem Zusammenhang die außergewöhnliche Motivation der Helferkreise in den Gemeinden, die mit viel Engagement den Neuankömmlingen zur Seite stünden.

Wenn auch die Willkommens-Kultur und die Betreuung bisher gut funktionieren, das Problem mit den Unterkünften bleibt. Kaum eine Gemeinde, die ihre Quote bisher schon erfüllt. Es gibt Ausnahmen, wie etwa Gräfelfing. Die Gemeinde sollte 146 Menschen aufnehmen, hat aber ein Grundstück zur Verfügung gestellt, auf dem eine Notunterkunft mit 200 Betten entstehen soll. Vermutlich, so Spiegel, werde der Landkreis in nächster Zeit noch auf die ein oder andere Turnhalle als Interimslösung zurückgreifen, "aber es ist nicht unser Ziel, die Leute dort langfristig unterzubringen". Wobei Turnhalle nicht gleich Turnhalle ist. Die in Taufkirchen etwa wurde der Staatsregierung für den Winternotfallplan gemeldet, in dem es um mögliche Erstaufnahmeeinrichtungen geht. Er ist aber momentan nicht ausgelöst. Die Turnhalle in Pullach dagegen ist ein Notquartier des Landkreises für die Flüchtlinge, die bereits aus den Erstaufnahmeeinrichtungen kommen und vom Landkreis untergebracht werden müssen. Spiegel betont, dass es nur eine Interimslösung sein soll. Erst vergangene Woche durften etwa die Flüchtlinge aus der Ottobrunner Turnhalle in die Unterkunft nach Aschheim umziehen.

Bei der aktuellen Liste, wie viele Flüchtlinge in den Kommunen leben, fallen große Sprünge auf. Taufkirchen steht als einzige Gemeinde mit einer Null drin, in Aying war Anfang Mai ein Flüchtlinge eingetragen. Ayings Bürgermeister Johann Eichler (PWH) berichtet, es handle sich um eine Unterbringung in einem Privathaushalt. Die Gemeinde selbst plane ein Haus am Bahnhof zu bauen, in dem Mitte 2016 50 Flüchtlinge unterkommen könnten. Falls die Wohnungen später nicht mehr benötigt würden, blieben die Sozialwohnungen bei der Gemeinde. "Aber es kann sein, dass es eine Zwischenlösung gibt", sagt Eichler. Die Gemeinde prüfe einen Containerstandplatz. Einen sehr rührigen Helferkreis gebe es bereits, "wir sind in den Startlöchern", versicherte er.

Die nächste Asylunterkunft mit 64 Plätzen wird jedenfalls bald in Sauerlach eröffnet, womit die Gemeinde ihre Quote mit 82 Flüchtlingen fast erfüllt hätte. Anders sieht es in Gemeinden wie etwa Grünwald (Soll 123/ Haben 25), Unterföhring (119/ 16), Unterschleißheim (292/69), Neubiberg (149/21) oder Haar (220/32) aus. Dort besteht eine erhebliche Diskrepanz zwischen Quote und tatsächlicher Anzahl der Betten. Stehen solche Kommunen besonders im Fokus bei der Suche nach Notunterkünften? "Sicher schauen wir da besonders hin", sagt Christine Spiegel. Aber die Kommunen seien gemeinhin alle sehr kooperativ. Ein Einvernehmen sei dem Landratsamt wichtig.

Die Zeit drängt. Insgesamt werden etwa 3700 Flüchtlinge in diesem Jahr im Landkreis erwartet. Die Landkreisbewohner werden bald erfahren, wo neue Container-Anlagen entstehen. Oder auch, wo Traglufthallen im Landkreis aufgestellt werden. Diese Alternative prüfe das Amt derzeit, auch um die Turnhallen zu entlasten. Der Landrat habe sich das schon angeschaut, sagt Spiegel und fügt an, in Berlin würde diese Art der Unterbringung bereits praktiziert. Im Landkreis ist es wahrscheinlich nur noch eine Frage der Zeit und des Raums, bis solche Hallen auch hier stehen. "Wir rechnen damit, dass wir bis September circa 1000 Plätze in Notunterkünften schaffen müssen", sagt die Pressesprecherin.

© SZ vom 23.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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