Kulturvorschau:Musik ohne Antipasti

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Wenn das Infektionsgeschehen es zulässt, wird Jazzpianist Bernd Lhotzky (ganz rechts) Ende April seine neue Band "Because of Swing" in Oberhaching vorstellen. Dazu gehören Oliver Mewes (Drums), Sängerin Nina Plotzki, Bassist Henning Gailing, Colin Dawson (Trompete) und Saxofonist Claus Koch. (Foto: Sascha Kletzsch)

Das Kulturamt Oberhaching übt sich in vorsichtigem Optimismus und hat ein Programm für die neue Frühlingssaison zusammengestellt. Ein Höhepunkt könnte Ende April das Jazz-Festival werden mit Bernd Lhotzky und Birgit Minichmayr

Von Udo Watter, Oberhaching

Der Dramatiker Heiner Müller ist nicht gerade als Gute-Laune-Bär der deutschen Literatur bekannt. Seine Texte ("Die Hamlet-Maschine") gelten vielen als düster und trostlos, allenfalls von schrecklicher Komik, und er scheute sich auch nicht, die Dinge beim Namen zu nennen. "Optimismus ist nur ein Mangel an Information", behauptete er und Oberhachings literarisch bewanderte Kulturamtsleiterin Eva Hofmann zitiert genau diesen Satz in ihrem Vorwort zum Programmheft der neuen Saison, das an diesem Freitag erscheint. Natürlich auch mit dem Kalkül, ihn gleich ein wenig zu entwaffnen: "Das Kulturamt Oberhaching wagt - bestens informiert über die neuesten Grenzwerte, Auflagen, Ge- und Verbote - trotzdem zu hoffen", fährt sie fort. "Natürlich verleitet uns das Wissen um den Verlauf der Pandemie nicht gleich dazu, uns volle Säle und fröhliches Gedränge im Foyer zu wünschen. Aber wir sind optimistisch genug, auf eine vorsichtige Rückkehr der Normalität zu setzen."

Sapperlot, der Vorhang soll sich also bald wieder öffnen im Bürgersaal beim Forstner (der Vorverkauf beginnt am 11. März um 17 Uhr). Als erste größere Veranstaltung ist der Auftritt des Kabarettisten Philipp Weber am 21. März geplant gewesen. Der wird sicherlich ausfallen, aber damit konnte man rechnen. "Wir haben bereits Ausweichtermine vorgesehen", sagt Volker Böhm, der seit vielen Jahren zusammen mit Hofmann das Kulturleben in der Gemeinde an der Spitze organisiert. Realistisch betrachtet glaubt er, dass "vor Ostern nichts freigegeben wird".

Was indes sicher ist: Böhm wird in Zukunft ohne Eva Hofmann auskommen müssen. Sie sagt nach fast 22 Jahren im Kulturamt Ende März Adieu. "Das fällt mir nicht leicht", erklärt sie, aber die ganz große berufliche Motivation war wohl nicht mehr da: "Dass man alles, was man tut, mit Leidenschaft tun sollte, ist mein festes Credo - und diese Leidenschaft ist mir in den Lockdowns immer mehr abhanden gekommen", erklärt sie. Offiziell verabschieden will sich Hofmann am 19. Mai mit "Jazz it up!", einem Abend über Größen des klassischen Jazz, dessen Textkonzept sie für das neue Trio von Bernd Lhotzky geschrieben hat. Im Fokus: Louis Armstrong, Duke Ellington, Fats Waller, Irving Berlin, George Gershwin und Cole Porter. Die Texte spricht Peter Veit vom BR. Jazzpianist Bernd Lhotzky wird auch anderweitig die neue Spielzeit prägen, sofern die Pandemie es zulässt: Von Ende April bis Anfang Mai präsentiert er das von ihm organisierte 15. Oberhachinger Jazzfestival, das vergangenes Jahr ausgefallen ist. Er tritt dort mit seiner neuen Band Because of Swing auf, bei der die Sängerin Nina Plotzki eine tragende Rolle spielt. Der in Oberhaching aufgewachsene Künstler, der mittlerweile in Riemerling wohnt und im Dezember 50 wurde, freut sich freilich auch auf den zweiten Festivalabend, an dem die Schauspielerin Birgit Minichmayr scharfzüngige Short Stories der Schriftstellerin Dorothy Parker liest, die in den 1920ern Mittelpunkt der New Yorker Boheme war und die oberen Zehntausend der Stadt mit viel Sarkasmus bedachte. "Ich habe kaum jemals so viel Spaß auf der Bühne gehabt wie bei diesem Projekt", sagt Lhotzky. "Über die Texte von Dorothy Parker muss ich immer wieder lachen. Was aber Birgit Minichmayr daraus zaubert, ist wirklich unfassbar Was für eine Energie!" Er selbst begleitet mit Louis Mazetier an zwei Flügeln die Geschichten. Lhotzky hat mit Minichmayr und dem Weltmusik-Ensemble Quadro Nuevo auch gerade ein Album eingespielt, auf dem von ihm vertonten Shakespeare-Sonette zu hören sind, und das wohl Ende Mai erscheint. Zudem sind noch weitere musikalische Veranstaltungen geplant, mit dem Trio Aniada a Noar (24. April) und der Pianistin Danae Kara (15. Mai). Mit Stephan Zinner (18. April), Christian Springer (20. Mai) und Chin Meyer werden (10. Juni) auch noch weitere Kabarettisten auftreten - wenn alles klappt. "Kabaretttermine kann man leichter verschieben", sagt Böhm.

Generell ist das Programm daher abgespeckt. Eigenproduktionen, die eines großen Organisationsaufwands bedürfen, eine lange Vorlaufzeit haben bei zugleich fehlender Planungssicherheit sind nicht im Programm. Auch auf die beliebte Konzertreihe "Musik & Antipasti" müssen die Oberhachinger wegen der Einschränkungen noch verzichten. Überdies ist das Kinderprogramm stark reduziert, am 19. April ist der Auftritt des Marotte Figurentheaters geplant mit "Pettersson zeltet", auch diverse Kinofilme sollen gezeigt werden. "Natürlich ist noch nichts normal und vieles unabwägbar" sagt Böhm, der zudem seine erste Saison ohne die Kollegin Eva Hofmann erleben wird. Es bleibt die leise Hoffnung auf kontinuierliche Besserung, vielleicht in dem Sinne, wie es Václav Havel mal formuliert hat: "Hoffnung ist eben nicht Optimismus, ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht."

© SZ vom 05.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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