Kulturprogramm:Schtonk im Zelt

Lesezeit: 3 min

Weil sich die Sanierung des Bürgerhauses hinzieht, finden die Kulturveranstaltungen der neuen Spielzeit zum Teil im Ausweichquartier statt. Ein Höhepunkt wird die Theaterfassung der Dietl-Komödie um die Hitler-Tagebücher sein

Von Udo Watter, Garching

Würde man mittels einer weltweiten Umfrage eine Rangliste der humorlosesten Nationen erstellen, dürfte es Deutschland locker auf einen Spitzenplatz schaffen. Ze German sense of humour ist besonders in englischsprachigen Ländern selbst eher Zielscheibe des Spotts und im Gegensatz zu ästhetischen Witzen wie den SUVs der deutschen Autohersteller alles andere als ein Exportschlager. Helmut Dietls Komödie "Schtonk", die den Skandal um die gefälschten, 1983 im Stern veröffentlichten Hitler-Tagebücher thematisiert, ist freilich auch in internationaler Wahrnehmung eine Ausnahme. Die grandiose Satire wurde 1993 für den "Oscar" nominiert.

Inzwischen hat es der Stoff auf die Theaterbühne geschafft und dürfte einer der Höhepunkte der neuen Garchinger Spielzeit werden - der Vorverkauf für die Kulturveranstaltungen 2019 hat diese Woche begonnen. "Ein Highlight. Die Bühnenfassung des erfolgreichen Films wird im Raum München nur in Garching gezeigt", erklärt der scheidende Kulturreferent Wolfgang Windisch - der 65-Jährige wird Anfang April in den Ruhestand gehen - nicht ohne Stolz. Die Geschichte um den schmierigen Skandalreporter Hermann Willié und den begnadeten Fälscher Fritz Knobel, die am Ende beide auch für ihren moralbefreiten Narzissmus bestraft werden, ist unterhaltsam und stets aktuell, gerade jetzt in Zeiten von Fake News und dem Wiedererstarken rechtspopulistischer Meinungen. Das im Februar dieses Jahres uraufgeführte Stück (Regie: Marcus Grube) will freilich weder moralinsauer belehren noch große Teile der deutschen Theatergeschichte neu schreiben, sondern vielmehr heiter-niveauvoll unterhalten.

Adolf Hitler privat: Oliver Moumouris als Hermann Willié (vorne links) präsentiert im Stück "Schtonk" die Tagebücher des Diktators. (Foto: Bernd Weissbrod/dpa)

Schauplatz der Vorstellung am 21. März wird indes nicht das Bürgerhaus sein, sondern ein Theaterzelt am Garchinger Bürgerpark, das von Mitte Februar bis Ende April als alternatives Epizentrum des Kulturlebens der Universitätsstadt fungieren wird. Der Grund? Die kostenintensive Sanierung des Bürgerhauses, dessen Grundsteinlegung vor mehr als 40 Jahren war, zieht sich doch länger hin als geplant - in der Hauptsache geht es um eine optischen, energetische und technische Optimierung inklusive umweltfreundlicher Klimatisierung. "Diesen kleinen Wermutstropfen müssen wir schlucken", erklärt Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) im aktuellen Programmheft, "wegen unvorhersehbaren Verzögerungen bei den Sanierungsarbeiten müssen wir die geplante Eröffnung unseres 'Kult-Gebäudes' in den Mai 2019 verlegen." Für Windisch, der von den Verzögerungen erst im Oktober erfahren hat, war es "noch mal eine Herausforderung", einen alternativen Auftrittsort für bereits terminierte Vorstellungen zu organisieren. Das (nicht ganz billige) Theaterzelt mit gut 600 Plätzen freilich scheint atmosphärisch kein schlechter Ersatz: ausgestattet mit einer "flüsterleisen Heizung" ist es zudem schallisoliert und lichtundurchlässig. Gruchmann verspricht "wahrhaft großstädtisches Theaterambiente".

Das Programm, das dort und von Mai an wieder im Bürgerhaus - sowie im Theater im Römerhof - angeboten wird, kann sich auch sehen lassen: Die Sparte Theater wartet noch im April mit der Komödie "Jahre später, gleiche Zeit" auf, bei der Heiner Lauterbach eine der Hauptrollen spielt. Auch "Fehler im System" ist eine Komödie, die eine schräge Liebe zwischen einer jungen Frau und einem menschenähnlichem Roboter thematisiert. Dazu gibt es "Charleys Tante" am 23. Mai oder den Auftritt des "Chiemgauer Volkstheaters" am 16. März, das sein Stück "Bauer sucht ..." zeigt. Die Theatersaison eröffnet wird mit einer klassischen Komödie "Der zerbrochne Krug" von Heinrich von Kleist am 27. Februar.

Von April 2019 an im Ruhestand: Kulturreferent Wolfgang Windisch. (Foto: Stephan Rumpf)

Im Bereich Kabarett und Comedy gastieren bekannte Protagonisten wie Lisa Fitz und Gerd Dudenhöffer alias Heinz Becker in Garching, aber mit den drei Spektakel-Athleten der "Starbugs Comedy" und "Habbe & Meik", die visuelle Comedy mit virtuosem Maskentheater kombinieren, auch "zwei verrückte Sachen", wie Windisch sagt. Er freut sich zudem auf Musicals wie "Saturday Night Fever" und "Blues Brothers" (im März) oder die musikalische Komödie "Die Drei von der Tankstelle" sowie eine Soul-Music-Revue, die "Irische Nacht" oder den Auftritt der Münchner Symphoniker im Juni.

Windisch wird dann schon ein paar Monate im Ruhestand sein. Der gebürtige Münchner, der Schlagzeug studiert hat und als Komponist sowie musikalischer Leiter an diversen deutschen Theatern gewirkt hat, bis er 1996 Kulturreferent in Garching wurde, wird im April das Amt an seien Nachfolger Thomas Gotterbarm übergeben. Wehmut lässt er im Moment noch nicht aufkommen, nicht zuletzt weil der Arbeitsaufwand derzeit dazu keine Zeit lässt. Das wird nach 22 Jahren im Amt aber sicher noch passieren: "Ich habe das sehr gern gemacht."

Der Vorverkauf hat diese Woche begonnen. Karten können über www.garching.de (Kulturprogramm, "Online-Tickets") erworben werden oder im Kulturreferat (Telefon 089/32 08 91 37)

© SZ vom 14.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: