Kulturprogramm:Hundlinge und Grapscher

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In der neuen Spielzeit kommen wieder interessante Protagonisten nach Oberschleißheim

Von Udo Watter, Oberschleißheim

Dass in Bayern die Uhren langsamer als anderswo ticken, kann man für gewisse historische Epochen nicht behaupten. Zwischen November 1918 und Mai 1919 etwa war das Land Schauplatz beschleunigter politischer Turbulenzen, es avancierte zum Experimentierfeld gesellschaftlicher Utopien. Zuerst wurde die Monarchie abgeschafft und Kurt Eisner zum Ministerpräsident gewählt, nach seiner Ermordung folgte auf den Freistaat die Räterepublik Bayern. Die blutige Gegenrevolution mündete darin, dass Bayern zur sogenannten "Ordnungszelle" und zum Sammelbecken reaktionärer rechter Kräfte aus dem gesamten Deutschen Reich wurde. In Oberschleißheim gibt es anlässlich von "100 Jahre Freistaat Bayern" im Bürgerzentrum derzeit eine Plakatausstellung zu den damaligen Vorgängen. Zu sehen sind historische Fotografien aus dem Ort aus den Revolutionsjahren 1918/19. Die Ausstellung dauert bis zum 24. September, an diesem Donnerstag, 13. September, findet zudem in der Gemeindebibliothek eine begleitende Lesung statt: "Zeitenwende - Kultur und Gesellschaft"; Beginn ist um 19 Uhr.

Die erste musikalische Veranstaltung der neuen Oberschleißheimer Spielzeit folgt am Freitag, 21. September: "Hundling", der Sieger des BR-Heimatsound-Wettbewerbs wird mit seiner Band in der Gaststätte "Zum Phönix" Rhythm & Blues, Folk und Reggae mit bayerischen Touch spielen und alltagsphilosophische Geschichten aus der großen Stadt an der Isar präsentieren.

Eine Kombination aus Modern und Jazz Dance mit witzigen und unterhaltsamen Showelementen wird das Publikum am 13. Oktober sehen, wenn die Tänzerinnen von JazzADa, der erfolgreichen Tanzgruppe des TSV Schleißheim, im Bürgerzentrum ihr aktuelles Programm zeigen. Nach den sportiven Local Heroes gastiert am 18. Oktober ein viel gereister Musiker in der Schlossgemeinde, der ein Gründungsmitglied von Deutschlands wohl bekanntester Weltmusik-Gruppe Quadro Nuevo ist. Der Münchner Saxofonist und Echo-Jazz-Preisträger Mulo Francel präsentiert sein aktuelles Album "Mocca Swing". Begleitet wird er von hochkarätigen Virtuosen: Dem aus Armenien stammenden David Gazarov am Piano, der die Gräben zwischen U- und E-Musik, zwischen zeitgenössischem Jazz, Klassik und Weltmusik überwindet, sowie dem versierten Schlagzeuger Robert Kainar und dem Bassisten Sven Faller, der sich seine Sporen unter anderem in der New Yorker Szene erworben hat. Für dieses Konzert kann man Karten online über www.muenchenticket.de kaufen.

Ebenfalls ein Konzert auf hohem musikalischem Level verspricht der Auftritt des Tuija Komi Quartetts nur drei Tage später im Kulturcafé am Huppwald zu werden. Die finnische Sängerin, die schon lange in Bayern lebt, präsentiert am 21. Oktober mit charakteristischer Powerstimme ihre aktuelle CD "Midnigt Sun". Begleitet wird sie dabei von namhaften Musikern wie Walter Lang (Pian), Peter Cudek (Bass) und Martin Kolb (Schlagzeug)

Des Weiteren im musikalischen Angebot: ein "Klassikkonzert für Babys" mit der Kammerphilharmonie "Dacapo" im November. Im Saal des Bürgerzentrums gibt es dabei keine Stühle, vielmehr bringen die Besucher ihre Krabbeldecke mit, platzieren darauf die Babys und lauschen den vorgetragenen Werken von Telemann und Mozart ("Kleine Nachtmusik"). Am 1. Dezember gibt es schließlich das Weihnachtskonzert mit "Gospels at Heaven" - stimmgewaltig und emotional.

Weniger die Förderung herzerwärmender Weihnachtsgefühle im Sinn als vielmehr die Stimulation von Hirn und Zwerchfell hat der Kabarettist Abdelkarim, der am 10. November in Oberschleißheim gastiert. Geboren in Bielefeld als Kind marokkanischer Eltern, behauptet er, jahrelang nicht gewusst zu haben, was er ist: "Ein deutscher Marokkaner, ein marokkanischer Deutscher oder einfach nur abschiebewürdig?" Mittlerweile weiß er es jedenfalls: "Ein Deutscher, gefangen im Körper eines Grapschers." Ausgezeichnet mit dem Bayerischen Kabarettpreis 2015 und dem Deutschen Fernsehpreis 2018 (Kategorie "Beste Information"), zeigt er im Bürgerzentrum sein Programm "Staatsfreund Nr. 1". Scharfzüngige Unterhaltung mit bösen Pointen will im Januar auch Philipp Weber bieten: Der Kabarettist aus Unterfranken spricht in seinem Programm "Weber No 5.: Ich liebe ihn" unter anderem über Marketing und wie dieses den Verstand des Menschen benebelt und seine Neigung zum Irrsinn befördert. Weber warnt vor diesen virulenten Manipulation des Geistes und verspricht, eine "heitere Gebrauchsanweisung für den freien Willen" zu liefern.

Darüber hinaus bereichern noch andere Veranstaltungen das Kulturleben in der Gemeinde - etwa die Kunstausstellung der Gruppe "Wir" zum Thema "Alter Bahnhof" oder der "Schleißheimer Advent" an der Flugwerft. Weitere Informationen findet man im jüngst erschienenen Programmheft oder online unter www.oberschleissheim.de.

© SZ vom 13.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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