Kreis und quer:Wer wohnt gern am Deppenbusch?

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Nicht jede Adresse muss man haben. Aber wenn eine Gemeinde eine Straße umbenennt, sollte schon ein wenig Kreativität gefordert sein

Von Iris Hilberth

Er hieß Horst. Das war für einen Fünftklässler Ende der Siebzigerjahre kein besonders gängiger Name. Und jeder wusste, dass Horst ihn selbst nicht leiden konnte, erst recht nicht, wenn sie ihn Horsti nannten. Irgendwann beschloss er, dass er lieber Stefan genannt werden wollte und teilte das den Lehrern entschlossen mit. Die kamen dem Wunsch nach und bemühten sich, daran zu denken, dass Horst nun Stefan hieß. Blöd war nur, dass es in der Klasse zwei weitere Stefans gab. So kehrten die Lehrer praktischerweise wieder zu Horst zurück. Die Mitschüler hatten den Namenswechsel von Anfang an ignoriert.

Es ist gar nicht so einfach, sich an neue Bezeichnungen zu gewöhnen. Die ehemalige Generali-Halle in Unterhaching heißt längst nicht mehr so, doch kein Mensch sagt "Bayernwerk-Arena"; für die Unterhachinger wird das Sportzentrum am Utzweg vermutlich immer "Die Generali" bleiben, selbst wenn der neue Namensgeber noch so viel zahlt. Da muss man schon in eine kostspielige Werbekampagne investieren, will man den Leuten unmissverständlich klar machen, dass Raider jetzt Twix heißt. Trotzdem dauert es immer, bis alle das verstanden haben.

Das sollte man bedenken, will man seinen Vor- oder Nachnamen ändern. Und man braucht einen triftigen Grund, mitunter sogar ein psychologisches Gutachten. Kosten: 2,50 bis 1022 Euro, je nach Aufwand der Verwaltung. Geht es nur um einen Bindestrich, wird es billiger.

Auch Änderungen von Straßennamen sind aufwendig. Mitunter ist eine neue Adresse notwendig, weil sich herausstellt, dass der Namensgeber ein Nazi war. Oft stecken aber auch ganz praktische Gründe dahinter, wie jetzt in Grasbrunn, wo es durch die verschiedenen Ortsteile eine ganze Reihe von doppelten Straßennamen gibt und so Navigationsgeräte, Postboten und Rettungsdienste leicht verwirrt werden. Daher wird in Harthausen aus der Waldstraße der Lindenweg und aus der Gartenstraße die Rosenstraße. Kreativ ist das nicht, aber die Anwohner wollten es so.

Gemeinderäte sind da mitunter viel erfindungsreicher. Vielleicht würden die Leute mit der Adresse "Auf dem Halben Mond 3", "Kniescheibe 25", "Bunte Kuh 7a" oder "Deppenbusch 13" aber auch gerne mal ihren Straßennamen ändern, selbst wenn das immer mit Aufwand und Kosten verbunden ist. In Aying zumindest hat man sich richtig Mühe gegeben mit den neuen Straßennamen. Bürgermeister Eichler ist selbst noch mal rausgefahren ins Neubaugebiet Großhelfendorf, um zu schauen, ob Wendelstein- und Breitensteinstraße in Ordnung gehen würden. Eben nicht, stellte er fest: Die beiden Berge sieht man dort ja gar nicht! Dafür aber die Benediktenwand und den Jägerkamp. Lieber Herr Eichler, das ist sehr löblich, aber glauben Sie, dass man von jeder Odenwaldstraße in Deutschland aus den Odenwald sieht? Doch wie sagte Goethe schon? "Gefühl ist alles, Name ist Schall und Rauch."

© SZ vom 18.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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