Kreis und quer:Nett, taubst. sucht attr., ohne Prov.

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Was sich Mieter wünschen...

Von Michael Morosow

Vermieter sind gottähnliche Wesen. Eine gewagte Feststellung wohl, an deren Richtigkeit aber der klassische Mieter keine Zweifel anmelden wird. Jener etwa, der sein ganzes Erspartes dem Makler in den Rachen geworfen hat, um den Zuschlag zu bekommen für "3 Zi., 70 qm, o. Balk. für Verh. o. Kind, o. Hund, NR, am liebsten taubstumm. 1400 + NK + Prov." Oder andere, die sich dazu verpflichten mussten, sommers den Rasen zu mähen, winters Schnee zu schippen und ganzjährig die Kinder des Hausbesitzers (m. Fam.-Anschl.) zu bespaßen, ehe sie den Schlüssel zum "attrakt. 1 Zi, 30 qm, DG, 500 + NK + Prov." bekamen. Jetzt aber sind Vermieter durch das Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten (im Landkreis München sind die Wohnungsmärkte in 29 von 29 Kommunen angespannt) - kurz: Mietpreisbremse - ein Stück weit von ihrem Olymp heruntergerutscht. Sie dürfen bei ihren Mietpreisen nur noch um zehn Prozent über dem Niveau der ortsüblichen Vergleichsmieten liegen und müssen jetzt obendrein nach dem Prinzip "Wer bestellt, der bezahlt" die Maklergebühren selbst begleichen.

Die Gesetzesnovelle ist freilich nur ein erster Schritt in die richtige Richtung. Jetzt wollen wir, die Mieter, noch ein wenig mehr. Dabei geht es uns in erster Linie nicht ums Geld, sondern um eine grundlegende Korrektur des bislang ungleichen Verhältnisses zwischen Vermieter/Makler und uns, das vor allem bei Besichtigungsterminen in engen Treppenhäusern in aller Schärfe zu Tage tritt. Vorneweg der Makler, der aufs Tempo drückt, weil er eigentlich schon bei einem weiteren Besichtigungstermin sein müsste, ihm hinterher hechelnd 20 niedere Wesen, die sich darin überbieten, sich als Traummieter anzubiedern, der tagsüber außer Haus und nächtens unsichtbar ist. Es entstehen Dialoge nach der Art: "Ich wünsche absolute Ruhe! Haben Sie Kinder?" - "Nein." - "Irgendwelche Haustiere?" - "Nein." - "Radio oder Musikinstrumente?" - "Nein, aber mein Füller kratzt ein wenig."

Es ist halt so: Je knapper der Wohnraum, desto forscher und pingeliger die Makler. Wie herrlich wäre es, wenn wie bei den Büro-Immobilien es auch auf dem Wohnungsmarkt einen Angebotsüberhang gäbe. Wir würden Annoncen frei von "o" und "+" lesen, vielmehr in einer Form wie: "Hundeliebhaber, Kinderfreund, sucht Mieter für 6-Zi.- Wohn., Miete Nebensache, 1 Jahr Probewohnen möglich, auch ausländische Mitbürger willkommen." So könnten wir eher zusammenkommen. Dann müssten nur noch Detailfragen geklärt werden, wozu sich ein Fragebogen anböte. Neben üblichen Angaben zu Geschlechtskrankheiten, Kontostand, et cetera müsste der Vermieter antworten auf Fragen wie: "Mögen Sie Kinder und Haustiere? Wissen Sie, dass man Kautionen auch zurückzahlen kann? Wären Sie bereit, sommers den Rasen zu mähen, winters Schnee zu schippen und ganzjährig Kinder und Hund zu bespaßen?"

© SZ vom 18.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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