Kreis und quer:Helau again Tristesse

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Die vierte Corona-Welle feiert La Ola und im Landkreis geht es um Impf und Schande

Kolumne von Udo Watter

Das Klima war auch schon mal besser. Ob in Glasgow, an osteuropäischen Grenzzäunen oder im Landratsamt München. Der Herbst hierzulande schert sich freilich gerade nicht um die Erderwärmung. Mit fallenden Temperaturen draußen steigen drinnen die Infektionen und Erregungsgrade. La Ola, die Vierte, ist zur mächtigen Corona-Welle mit fiesen Schaumkrönchen angeschwollen. Die Hölle der ewigen Wiederkehr.

Es ist grau und kalt im Land. Manche Leute tragen jetzt öfter Strumpfhosen, und den Zentren fehlt es an Impfdosen. Und an Zentren fehlt es wohl auch. Nicht nur viele Journalisten, sondern auch Experten haben es erneut hinterher schon vorher gewusst, teils sogar zu Recht. Und die politischen Verantwortlichen müssen sich fragen lassen, ob sie da nicht etwas verschlafen haben. Landrat Christoph Göbel und Münchens OB Dieter Reiter gehören zu denen, die mit im Fokus der Kritik stehen. Immerhin: Die virale Gretchenfrage scheint sich zugunsten von 2G entschieden zu haben. Das ärgert wiederum diejenigen, die seit jeher in Kategorien von Impf und Schande denken. Die anderen, die große Mehrheit, werden zunehmend fassungsloser und lernen eine neue Bedeutung des bisher positiv konnotierten Wortes "Durchbruch" fürchten.

Auch der Fasching kann nur wenig Trost bieten. Die "Gleisenia" in Unterhaching hat zwar am Donnerstag, 11. November, um 11.11 Uhr im Rathaus der Gemeinde die "fünfte Jahreszeit" mit Sekt und Luftschlangen eingeläutet - auf die Schlüsselübergabe durch Bürgermeister Wolfgang Panzer als Zeichen der nun künftigen närrischen Hegemonie wurde indes pietätvoll verzichtet. Der Schwarz-Weiß-Ball, für Freitag geplant, wurde abgesagt. Auch andere närrische Termine wurden aufgrund der sich zuspitzenden Lage gecancelt respektive ins Freie verschoben wie die Proklamation des Unterschleißheimer Prinzenpaares, die an diesem Samstag am Rathausplatz vollzogen wird. Die Begründung des Lohhofer Faschingsvereins für die Absage der Indoor-Proklamation zeigt, dass Narrentum und Vernunft Hand in Hand gehen können: "Unter diesen Umständen wollen wir mit unserem Verein als Vorbild dienen und auch unter 2G Bedingungen für kein mögliches Superspreader-Event verantwortlich sein."

Superspreader-Event - eigentlich hatten viele gehofft, solche Begriffe (Lockdown, Shutdown) könnten langsam im Orkus des Vergessens abtauchen. Leider droht auch hier eine Renaissance. Im Veranstaltungsbereich hoffen sie natürlich, dass dies vermieden wird. Die Kulturamtsleiter und Theaterintendanten, ob in Haar, Unterföhring, Planegg oder Pullach, sind jetzt wieder mit stärkeren Unsicherheiten konfrontiert, auch was längerfristige Planungen betrifft. Hinzu kommt, dass die 2G-Regeln viele Jugendliche zwischen zwölf und 17 Jahren vom Besuch eines Konzertes, eines Kinos oder auch Fußballstadions oder eben einer Faschingsparty ausschließt. Helau. Oder Hello again, Tristesse.

© SZ vom 13.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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