Kreis und quer:Auf lauten Socken

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Während Bayern-Fan Florian Hahn sich derzeit voll auf den Wahlkampf konzentriert und vor einem linken Bündnis warnt, taumelt die Union in den Umfragen dem Tabellenende entgegen

Kolumne von Martin Mühlfenzl

Florian Hahn, oder der @hahnflo wie er auf Twitter heißt, verheimlicht gar nicht, dass er im Herzen ein Roter ist. Also einer, mit dem die Blauen so überhaupt nichts anfangen können. Aber beim Fußball greift die politische Farbenlehre sowieso nicht, und so kommen im Fanklub des FC Bayern im Bundestag Schwarze, Rote, Gelbe und Grüne zusammen - und die Politik bleibt zumindest dort außen vor. Meistens.

Drei Wochen vor der Bundestagswahl aber dürfte selbst den am härtesten gesottenen Bayernfans ziemlich wurscht sein, was der Rekordmeister so anstellt. 5:0 gegen die Hertha? Ist längst wieder vergessen. Die Blicke richten sich dieser Tage nämlich nicht auf die Tabelle oder den Spielplan, sondern auf die neuesten Umfragen zur Bundestagswahl, die derzeit inflationär durch die Filterblasen rauschen. Und die Schwarzen schauen fassungslos dabei zu, wie die Werte der Union und ihres Kanzlerkandidaten immer weiter dem imaginären Tabellenende entgegen segeln. Da gilt es gegenzusteuern.

Und dabei greift auch der rote Schwarze Hahn auf altbewährte Mittel zurück und hat mit seinem Generalsekretärs-Kollegen Markus Blume die Rote-Socken-Kampagne ausgepackt. "Sollte man wissen: Wer Olaf Scholz wählt, wacht mit der Linkspartei in der Regierung auf", twitterte Hahn und beschwor damit den Geist des Kommunismus. Wie weit verbreitet der im Landkreis München ist, zeigt sich ja schon daran, dass die Linkspartei mit einer Truppe von Rotarmisten im Kreistag vertreten ist, die einen schaudern lässt: mit gerade einmal einer Kreisrätin, die auch noch als Direktkandidatin bei der Bundestagswahl dem Platzhirschen Hahn Stimmen klauen möchte.

Das will auch Korbinian Rüger von der SPD, den mit Hahn vermutlich nur eint, dass sie beide die Großkopferten von der Säbener Straße verehren. Dass die beiden Kontrahenten dies in der kommenden Legislatur gemeinsam im Fanklub des Bundestags tun werden, ist indes eher unwahrscheinlich - dazu müsste der Scholz-Zug schon Lichtgeschwindigkeit erreichen und Rüger das Direktmandat erringen; das aber ist eher so sicher wie eine Koalition aus Linken und der Union nach der Wahl. Ein Bündnis aus SPD, Grünen und Linkspartei will Rüger aber nicht ausschließen und twittert selbst schon mal ein Bild von Gerhard Schröder und Joschka Fischer mit dem Warnhinweis "Historischer Linksruck".

Schröder war früher übrigens öfter bei Spielen seines Heimatvereins Hannover 96 zu sehen, der mittlerweile in der zweiten Bundesliga durch die Gegend rumpelt. Aber eigentlich ist der Mann Fan von Borussia Dortmund. Da weiß der ehemalige Kanzler wenigstens, wie es sich anfühlt hinter den Bayern Zweiter zu werden. Ein Gefühl, das dem @hahnflo bisher gänzlich unbekannt ist.

© SZ vom 04.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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