Konzerte:Extravagante Echos

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Das "1. Klassik und Crossover-Festival" in Ottobrunn verspricht vielfältige musikalische Grenzüberschreitungen

Von Udo Watter, Ottobrunn

Multitasking gehört zu den Leittugenden junger Leistungsträger und die besonders ambitionierten beglücken die Arbeitswelt gerne mit der Maxime "es gibt keine Herausforderung, der ich nicht gewachsen bin". Ob der Satz klug oder dämlich ist, sei dahin gestellt, aber auf der anderen Seite wächst man ja bekanntlich mit der Herausforderung - auch wenn diese als Überforderung angelegt ist. Der Komponist Moritz Eggert hat ein Werk geschrieben, bei dem er genau dies im Sinn hat: "1994 entstand das vielleicht am meisten gespielte Stück meines 'Hämmerklavier-Zyklus', 'One Man Band'. In diesem Stück versuchte ich, den Pianisten komplett zu überfordern, allerdings nicht mit Massen von Tönen sondern mit parallel auszuführenden Aktionen, die über das normale Klavierspiel hinausgehen." Der in München lebende Künstler wird nun am Sonntag, 12. November, das Ottobrunner Publikum mit einer extravaganten Solo-Performance zum Staunen bringen: Neben diversen perkussiven Elementen, dem Einsatz von Fußpedal mit Woodblock, Toy Piano oder Mundharmonika-Spielen neigt Eggert dazu, schon mal ein brachiales Klavier-Arpeggio mit dem Hintern zu inszenieren.

Durch den Libanesen Rabih Abou-Khalil wurde der Oud, die arabische Laute, auch hierzulande bekannt. (Foto: Veranstalter)

Eggert, der im Wolf-Ferrari-Haus aus seinem "Hämmerklavier"-Zyklus spielen wird, ist einer der Protagonisten am zweiten Tag des "1. Klassik- und Crossover-Festivals", das die Initiatoren der Ottobrunner Konzerte, Cornelius Claudio und Johannnes Tonio Kreusch auf die Beine gestellt haben. Den ersten Tag des Festivals bestreitet am Samstag, 11. November, Rabih Abou-Khalil. Der 1957 in Beirut geborenen libanesische Komponist, Oud (Laute)-Spieler und Jazzmusiker, der in München studierte und mittlerweile in Paris lebt, gilt als ein bahnbrechender Pionier: Er kombinierte schon in den Siebzigerjahren Elemente der arabischen Musik mit komplexen Improvisationen, stellte die einfache, homofone, dafür rhythmisch expressive Musik des Orients in einen Jazz-Kontext. "Er verschmilzt verschiedene Stilrichtungen und war einer der ersten, die den Begriff World Music salonfähig machten", erklärt Johannes Tonio Kreusch. Rabih Abou-Khalil, der unter anderem mit dem Deutschen Weltmusikpreis und dem Ehrenpreis der deutschen Schallplattenkritik für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde und der mit vielen seiner Alben Goldstatus erwarb, wird in Ottobrunn begleitet von Luciano Biondini am Akkordeon, und Gavin Murcia, Gesang und Saxofon. Im Anschluss findet das "Meet-the-Artist"-Gespräch statt, wie es die Besucher der Ottobrunner Konzerte gewohnt sind.

Der zweite Tag des Festivals ist noch mehr ein Abend der stilistischen Vielfalt und Grenzüberschreitungen. Neben Eggert gibt sich am Sonntag etwa der in den USA geborene Schweizer Pianist Bernhard Ruchti im Wolf-Ferrari-Haus die Ehre. Er führt das Publikum in die mystische Welt seiner Eigenkompositionen aus dem Zyklus "Echos von Chrysospilia". Das Werk entstand 2016 und wurde durch eine heute "unzugängliche antike Initiationshöhle auf einer griechischen Kykladeninsel inspiriert". Gespannt dürfen die Hörer besonders sein auf den sehr langsamen, fast trance-artigen Mittelteil.

Ruth Maria Rossel zeigt ihre Virtuosität am Cello. (Foto: Klaus Müller)

Zwei virtuose Frauen betreten danach das Podium: Zuerst Ruth Maria Rossel, die sich unter der Maxime "My magic Cello" ihren Interpretationen zwischen Bach, Piazzolla und eigenen Arrangements widmet. Darauf folgt Rebecca Trescher mit ihrem Ensemble 11, das sich in einer großen Bandbreite zwischen Kammermusik-Ensemble & Jazz-Band bewegt. Die Besetzung des "Ensemble 11" ist durchaus unkonventionell, folgt sie doch in keiner Weise den bewährten Ensemble-Bausätzen: Klavier, Vibrafon, Harfe sowie Saxofone, Klarinetten, klassische Flöte, Gesangsstimme und Violoncello dürften mannigfaltige und interessante Klangfarbenmischungen zeitigen. Eine reizvolle Melange aus opulenten Tongemälden und feinem Klanggespinsten, mit treibendem Groove. Abschließend lässt das Moritz Stahl & Xhitong Xu Quartet den Abend mit Verve ausklingen. Rebecca Trescher, ebenso wie Moritz Stahl (Saxofon) & Xhitong Xu (Schlagzeug), sind die drei Gewinner des Kurt Maas Jazz Awards 2017. Sie werden präsentiert in Ottobrunn in Zusammenarbeit mit dem Jazz Institut der Musikhochschule München. Auch hier gibt es später die Möglichkeit zum Gespräch mit den Künstlern. "Man kann an diesem Abend spannende Musik in vielen verschiedenen Facetten erleben. Genau das ist unser Anspruch", sagt Johannes Tonio Kreusch. Quasi ein Konzert für multitalentierte Musiker - und Hörer.

Das 1. Klassik- & Crossover-Festival ist am 11. und 12. November im Wolf-Ferrari-Haus, Ottobrunn. Karten und Infos gibt es über www.ottobrunner-konzerte.com

© SZ vom 03.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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