Kommentar:Meilenweit weg von Gerechtigkeit

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Das Recht auf freie Schulwahl wird in Bayern durch ein realitätsfernes Gesetz begrenzt. Die Regelung zur Kostenfreiheit des Schulwegs muss geändert werden

Von Lars Brunckhorst

Dass der kürzeste Weg nicht immer der schnellste ist und schon gar nicht der beste, weiß jeder Verkehrsteilnehmer. Dennoch gilt in Bayern die Regel, wonach Eltern für ihre Kinder nur die Fahrtkosten zur nächstgelegenen Schule erstattet bekommen. Diese Regel hat jetzt noch einmal das Verwaltungsgericht bestätigt, das am Dienstag einen Vater aus Pullach abblitzen ließ, der nicht einsehen will, warum der Landkreis München nicht wenigstens einen Teil der Fahrtkosten in die - kilometermäßig - weiter entfernte Schule in Wolfratshausen übernimmt.

Der Fall ist insofern interessant, als er die Absurdität der bayerischen Regelung vor Augen führt: In die Realschule nach Wolfratshausen brauchen die beiden Kinder des Pullachers mit der S-Bahn 22 Minuten und das ohne Umsteigen; nach Fürstenried dagegen, in die "nähergelegene" Schule, für die der Kreis die Schulwegkosten übernehmen würde, 25 Minuten - mit einmal Umsteigen! Fürstenried aber ist nur sechs Kilometer entfernt, Wolfratshausen dagegen 23 Kilometer, und das allein ist entscheidend. Für Eltern bedeutet dies: Wer sein Kind in die am nächsten gelegene Schule schickt, erhält die Fahrtkosten voll erstattet, wer - aus welchen Gründen auch immer - eine weiter entfernte Schule für die richtigere hält, bekommt von der öffentlichen Hand gar nichts.

Denn im Gegensatz zu anderen Bundesländern lehnt Bayern eine Erstattung der sogenannten fiktiven Schulwegkosten ab. Das Recht auf freie Schulwahl - es wird in Bayern durch ein realitätsfremdes Gesetz über die Kostenfreiheit des Schulwegs begrenzt, das sogar mehrfach höchstrichterlich bestätigt wurde. Das Verwaltungsgericht in München konnte deshalb gar nicht anders als gegen den Pullacher Familienvater urteilen. Die Landkreise und Kommunen mögen sich durch solche Urteile zwar jedes Jahr viele Millionen Euro sparen, die bayerische Regelung ist dennoch meilenweit vom Gerechtigkeitsempfinden vieler Eltern entfernt. Deshalb bleibt nur eine Möglichkeit: Der Gesetzgeber muss das Gesetz zur Kostenfreiheit des Schulwegs auf kürzestem Weg ändern.

© SZ vom 19.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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