Kommentar:Einer wendet sich mit Grausen

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Der Rückzug von Lutz Schonert aus dem Gemeinderat sollte den verbliebenen Mitgliedern des Gremiums und Bürgermeisterin Tausendfreund eine Mahnung sein

Von Martin Mühlfenzl

Die gute Nachricht für Susanna Tausendfreund nach dem Rücktritt ihres Parteifreunds Lutz Schonert als Gemeinderat: Ihre Machtbasis bröckelt nicht. Pullachs grüne Bürgermeisterin hat nämlich gar keine. Die Grünen sind hier nur drittstärkste Kraft. Die schlechte Nachricht liefert Schonert selbst: Er habe keine Kraft mehr, sich einer Debattenkultur zu stellen, die ihn oft fassungslos zurücklasse. Da klagt ein mit 71 Jahren lebenserfahrener Mann einen Missstand an, den auch - aber nicht nur - seine Bürgermeisterin und Parteifreundin zu verantworten hat.

Originäre Aufgabe eines Gemeinderates sollte es eigentlich sein, seine ganze Kraft dem Wohle der Gemeinde zu widmen. Das klingt hochgestochen, doch eigentlich ist es eine Selbstverständlichkeit: Triff Entscheidungen, die für die Bürger spürbar etwas Positives bewirken. Einige der Pullacher Gemeinderäte aber verwenden seit der jüngsten Kommunalwahl ihre Kraft lieber darauf, dem politischen Gegner - und meist ist dies die grüne Bürgermeisterin - das Leben schwer zu machen. Darüber aber vergessen sie, dass darunter letztlich das Ansehen des Gemeinderats massiv leidet und sich Bürger entsetzt von jenen abwenden, die sie gewählt haben. Lutz Schonert hat sich auch mit Grausen abgewandt, weil ihn die Kraft verlassen hat, dieses unwürdige Spektakel weiter mitzuverfolgen.

Susanna Tausendfreund ist es seit ihrem Amtsantritt nicht gelungen, die unterschiedlichen Strömungen und Befindlichkeiten im Gemeinderat zusammenzubringen und die streitsüchtigen Geister einzufangen. Freilich geben ihr Einzelne aus der Phalanx von CSU und der Wählergruppe Wir in Pullach dazu auch keine Chance. Doch Tausendfreund ist auch selbst schuld: Ihr Führungsstil, ihr Hang zu endlosen Erklärungen und ihr Glaube, der Gemeinde trotz fehlender Mehrheit eine ganz neue Richtung vorgeben zu können, haben viele in ihrer Angriffslust bestärkt.

Lutz Schonert pflegte diese Aggressivität nie. Mit seinem Rücktritt hat er den verbliebenen Pullacher Gemeinderäten eine Mahnung hinterlassen: Wer seine Kraft aus Egoismus und Feindseligkeit bezieht, findet keine Lösungen, die der Allgemeinheit dienen.

© SZ vom 17.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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