Kommentar:Die zweite Chance nicht vergeben

Lesezeit: 1 min

Die Feldkirchner CSU und die parteilosen Gemeinderäte sollten ihre Haltung überdenken und für die Umbenennung des Hindenburgplatzes stimmen

Von Lars Brunckhorst

Auch in der Kommunalpolitik lohnt es sich, manchmal über den eigenen Kirchturm hinauszublicken. In Ebersberg zum Beispiel hat der Stadtrat im Jahr 2005 beschlossen, die damals noch existierende Hindenburgallee 60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs umzubenennen. Das geschah einstimmig und unter einem CSU-Bürgermeister. Im SPD-geführten Feldkirchen könnte es dagegen passieren, dass am Donnerstag erneut eine Mehrheit dafür stimmt, den Hindenburgplatz in der Mitte der Gemeinde zu belassen. CSU und parteilose Gemeinderäte lehnen den Antrag ihres früheren SPD-Kollegen Karl-Heinz Schmidt auf Umbenennung ab - obwohl sich eine Mehrheit der Bürgerversammlung dafür ausgesprochen hatte.

Schwer verständlich, denn Paul von Hindenburg ist nicht nur der "Sieger von Tannenberg", als der er offenbar bis heute verklärt wird; als Reichspräsident hat er später Adolf Hitler zum Kanzler gemacht. Grund genug, die unselige und unsinnige Erinnerung an den Generalfeldmarschall aus der Mitte Feldkirchens zu löschen, wie es viele Städte und Gemeinden schon vor langer Zeit getan haben. Hindenburg hat mit Feldkirchen nichts zu schaffen und dort als Namensgeber auch nichts verloren. Doch nachdem der Gemeinderat bereits 2012 die Chance vergeben hat, Geschichtsbewusstsein zu zeigen, sieht es leider so aus, als ob er auch die zweite Chance vergibt.

Gänzlich unverständlich wäre, wenn das an den zwei Grünen-Gemeinderätinnen liegen sollte. Zwei Tage vor der Abstimmung wissen beide offensichtlich noch nicht, wo sie in dieser Grundsatzfrage stehen. Wie weit muss sich die ehemals linke Partei bereits von ihren Prinzipien entfernt haben, wenn ihre Vertreterinnen nicht wissen, ob sie den "Steigbügelhalter Hitlers", als der Hindenburg von Historikern neben Franz von Papen gesehen wird, ehren wollen oder nicht? Bis Donnerstag haben sie - und andere - noch Zeit, sich zu besinnen.

© SZ vom 16.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: