Kommentar:Der Teufel steckt im Detail

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Das Etikett "Barrierefreiheit" heften sich Kommunen gern an. Doch um Städte und Gemeinden wirklich für jedermann gut nutzbar zu machen, fehlt noch vielerorts das Bewusstsein

Von Gudrun Passarge

Um Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft zu integrieren, gibt es noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten. Die Stadt Garching hat sich da auf einen lobenswerten Weg gemacht und ist im Landkreis eine von fünf Kommunen mit einem Behindertenbeirat. Dabei hat sie das Glück, dass sich dort einige sehr aktive Menschen zusammengefunden haben, die anderen Menschen mit Behinderung eine Stimme geben. Und das ist bitter nötig, denn noch immer werden diese Menschen bei der Bauplanung meist übergangen.

Da gibt es ein Theater, aber Rollstuhlfahrer kommen nicht rein; dafür wurde inzwischen eine Lösung gefunden. Da werden zwar Lifte in Häuser eingebaut, aber Rollstuhlfahrer kommen nicht durch die Wohnungstür. Gerd Rumpf, Vorsitzender des Garchinger Beirats, wird nicht müde zu betonen, wie wichtig barrierefreie Wohnungen sind. Dabei würde es nur zwei bis drei Prozent mehr kosten, wenn 15 Prozent der Einheiten in einem größeren Neubaugebiet entsprechend ausgestattet würden.

Der Teufel steckt meist im Detail. Wie bei den Behindertentoiletten, wenn der Notruf an Stellen situiert wird, wo niemand hinkommt und er darüber hinaus erst gar nicht angeschlossen ist. Wo Notruf draufsteht, sollte auch einer drin sein, bemerkte Garchings Dritter Bürgermeister Walter Kratzl ganz richtig. Sich auf gekappte Telefonleitungen zu berufen, kann es nicht sein. Ein Jahr, nachdem die Toilette feierlich in Betrieb genommen wurde, sollte es dafür Lösungen geben, von der klemmenden Tür ganz zu schweigen.

Aber es geht gar nicht so sehr darum, dass es in Garching noch nicht so rund läuft, es geht eher um die Herangehensweise. Da versichert Bürgermeister Dietmar Gruchmann stets glaubhaft, wie wichtig ihm die Zusammenarbeit sei und dass es selbstverständlich sein sollte, den Behindertenbeirat bei öffentlichen Bauvorhaben einzubinden. Wenn sich diese Haltung durchsetzt, auch in der Verwaltungen, ist viel gewonnen. Eine Tour mit den Betroffenen würde vermutlich auch den zuständigen Rathausmitarbeitern schnell klar machen, worauf es ankommt. Miteinander reden wäre ein erster Schritt - und zwar bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist. Die Behindertenbeiräte stehen bereit, nicht nur in Garching.

© SZ vom 19.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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