Klinik-Gelände:Schwierige Namensfindung

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Haar vertagt Umbenennung der Von-Braunmühl-Straße

Die geplante Umbenennung der Von-Braunmühl-Straße in Haar gestaltet sich schwieriger als gedacht. Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) nahm am Dienstag das Thema von der Tagesordnung der öffentlichen Gemeinderatssitzung. Wie sich andeutete, gibt es Zweifel an der Eignung von vorgeschlagenen Kandidaten, die den bisherigen Namensträger ersetzen sollen. Auch meldeten sich in der Sitzung Anlieger zu Wort, die eine Entschädigung für die durch die Umbenennung entstehenden Kosten verlangten.

Der Bezirk Oberbayern hat beantragt, einen neuen Namen zu vergeben, weil Recherchen in Archiven eine mögliche Verstrickung Anton Edler von Braunmühls in Patientenmorde während der NS-Zeit aufzeigten. Von Braunmühl war während der Diktatur in leitender Funktion in der Psychiatrie tätig und von 1946 bis zu seinem Tod 1957 Ärztlicher Direktor.

Seit einiger Zeit wird über mögliche Namensgeber spekuliert. Gerhard Schmidt (1904 bis 1991) ist einer davon: Er wurde von der US-Armee 1945 in Haar als Direktor eingesetzt und machte sich um die Aufklärung der Verbrechen verdient, bis er aus dem Amt gedrängt und von Braunmühl ersetzt wurde, dem nach dem Krieg der Vorwurf anhaftete, mit alten NS-Kadern gut zu können. Auch Max Isserlin, (1879 bis 1941), Gründer und erster Chefarzt der Heckscher-Klinik, gilt als möglicher Namensgeber. Wer auch immer es wird: Der Bezirk als Betreiber des Isar-Amper-Klinikums, auf dessen Gelände die Straße liegt, sowie die Gemeinde wollen auf jeden Fall verhindern, dass sich an der Person erneut eine Diskussion über deren Haltung gegenüber Psychiatrie-Patienten entwickelt. Freilich wurden in Fachkreisen über Jahrzehnte Einstellungen vertreten, die heute als nicht mehr tragbar gelten. Bürgermeisterin Müller kündigte am Dienstag weitere Recherchen in Archiven des Bezirks Oberbayern an.

Die Anlieger der 82 Wohnungen an der Von-Braunmühl-Straße bewegen indes zunächst andere Dinge. Viele leben Jahrzehnte in der Straße und fühlen sich nun überrumpelt von den Vorgängen. Und sie befürchten Kosten. Alfred Richter meldete sich im Namen einiger Anwohnern in der Sitzung des Gemeinderats zu Wort und forderte eine Entschädigung ein. Er habe erst kürzlich seinen Personalausweis neu ausstellen lassen. Jetzt müsse er das Dokument erneuern. Auch schlug er vor, die "Von-Braunmühl-Straße" als solche zu belassen und nur einem anderen Namensgeber zuzuschreiben. Richter schlug Gerold von Braunmühl vor, der als hochrangiger, geschätzter Diplomat im Jahr 1986 von der Roten-Armee-Fraktion (RAF) ermordet wurde. Müller sagte eine Prüfung dieser Anliegen zu.

© SZ vom 17.05.2018 / belo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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