Kleines Theater Haar:Emanzipatorischer Grant

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Die Kabarettistin Eva Karl-Faltermeier will in ihrem Programm "Es geht dahi" zeigen, dass feministisch grundierte Grimmigkeit auch charmant sein kann. Sie tritt jetzt in Haar auf

Von Franziska Gerlach, Haar

An und für sich weiß man ja schon recht gut Bescheid über den Grant, diese den Bayern eigene Art, den Widrigkeiten des Lebens mit dialektgewordenem Grummeln zu begegnen. Gerhard Polt kommt einem in den Sinn, vielleicht noch Otti Fischer. Eine grantelnde Frau dagegen handelt sich schnell den Ruf einer Bissgurn ein, vor der man sich besser in Acht nimmt. Dabei könne auch der weibliche Grant charmant sein, sagt Eva Karl-Faltermeier. Die 37-jährige Journalistin, Poetry-Slammerin und Kabarettistin aus dem Regensburger Umland weiß das so genau, weil sie gerade ein Buch darüber schreibt. Und es ist auch eine besondere Form des Grants, den sie ihrem Programm "Es geht dahi" zugrunde legt, das an diesem Donnerstag, 28. Januar, von 19 Uhr an per Livestream aus dem Kleinen Theater Haar übertragen.

Dieser sogenannte "emanzipatorische Grant", der als Begriff auf ein Gespräch mit dem Journalisten, Autor und Grant-Experten Thomas Grasberger zurückgeht, lässt sich wohl am besten als schwarzhumorige, oftmals zweischneidige Haltung gegenüber den großen und kleinen Dingen begreifen, die diese Welt in Gang halten. Zu Beginn nimmt Karl-Faltermeier die Zuschauer vor den Bildschirmen mit auf eine Reise in die Südoberpfalz, wo die Trägerin des Kulturförderpreises der Stadt Regensburg 2020 mit ihrer Tante und ihren beiden Kindern einen alten Bauernhof bewohnt. Das klingt nach Idylle, nach Wohlfühl-Kabarett in Mundart, wird aber bald abgelöst durch politische und feministische Episoden, die eine Art zeitgeschichtliche Gesellschaftsstudie mit wohl dosierten Spitzen und Pointen ergeben dürfte. "Ich will schon, dass etwas hängen bleibt", sagt sie. Dass die Leute am Ende noch wüssten, worüber sie gelacht haben. Um die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl und Dosenravioli geht es im Programm, um den Kalten Krieg, die Berliner Mauer, um Computer, Klapphandys, Fernsehen, Whatsapp - und um jene Doppelbelastung, der berufstätige Mütter heute ausgesetzt sind.

Auch Karl-Faltermeiers Tag ist gut gefüllt. Ihre Kinder zieht sie alleine groß. Sie schreibt Kolumnen für die Abendzeitung Landshut und den BR, arbeitet am bereits erwähnten Buch und hat obendrein das Foto-Projekt "Kultur-Inventur" ins Leben gerufen, das Regensburger Künstlern zu mehr Sichtbarkeit verhelfen will. Klagen über die Pandemie, über Homeschooling sind dennoch nicht zu vernehmen. "Ich habe meine Kinder gerne um mich", sagt sie. Auch bei den Proben seien sie oft dabei. Und als ihre Tochter mit den Hausaufgaben ins Interview platzt, erklärt sie ihr mit klarem Sanftmut, wozu die Kästchen auf dem Arbeitsblatt vorgesehen sind. Wer also ist diese Frau, von der auf der Bühne diese kernige Selbstsicherheit ausgeht, die am Telefon aber erzählt, dass sie während der Fahrten zu ihren Auftritten im Auto ab und zu mit sich selbst rede, sich frage, warum sie das eigentlich tue?

Zunächst einmal ist Karl-Faltermeier eine Kabarettistin, der gute Ideen kommen, wenn sie die Beete in ihrem Garten vom Efeu befreit, die gemeinsam mit ihrem Vater Bier braut und gern Watten spielt. Eine Frau, die ihre Wurzeln tief in den Boden der Heimat geschlagen hat, die aber sagt, Europa mehr zu lieben als Deutschland. Eine Künstlerin, deren Oma und Uroma bereits Theater spielten. Und dann natürlich die Leidenschaft fürs Schreiben: Karl-Faltermeier schrieb schon als Kind ein Theaterstück, später auch Kurzgeschichten, und abgesehen von einer Phase, in der sie Werbetexte verfasste, sowie der Pubertät, als die coolen Leute alle in Bands waren, schrieb die gelernte Journalistin auch immer gerne. Nun ist es eine Sache, als Wirtschafts- und Politikredakteurin einer Zeitung zu publizieren. Doch die eigenen Texte vor Publikum zu lesen, das macht verletzbar. Ein Freund riet ihr zum Kabarett, da täten sich die Zuschauer leichter mit der Trennung von Autorin und Bühnenfigur. Also trat sie ohne Blatt vors Publikum. Spielte bei Brettln, fuhr ins Vereinsheim nach München, wo sie mit Unterstützung von Franziska Wanninger an ihrem Programm feilte. Sie freue sich nun darauf, ihr Debüt "Es geht dahi" in Haar endlich wieder zu spielen. Das ist vor leeren Stuhlreihen nicht einfach, ohne Signale aus dem Publikum. Sie vertraut da auf die Kraft des Adrenalins. Und dass weiblicher Grant auch am Bildschirm gut unterhalten kann.

© SZ vom 27.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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