Kirchheim:Wider die Vorurteile

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Haben sich viel vorgenommen: Jürgen Erkens, Wolfgang Gerstenberger und Eberhard Weidner (von links) vom neu gegründeten Verein. (Foto: Florian Peljak)

Kirchheimer Verein setzt sich in der Flüchtlingsfrage für gegenseitiges Verständnis ein

Von Johanna Mayerhofer

Kirchheim "Das Image von Kirchheim war im Eimer", beschreibt Jürgen Erkens die Situation in seiner Heimatgemeinde Ende vergangenen Jahres. Die Debatte über einen geeigneten Standort für das Asylbewerberheim spaltete die Gemeinde. Mit einer Kampagne und angekündigtem Bürgerentscheid sprach sich eine Gruppe von Kirchheimern gegen den Vorschlag des Gemeinderates für einen S-Bahn nahen und Ortskern fernen Standort aus. Der Vorwurf der latenten Fremdenfeindlichkeit stand schon bald im Raum.

Die darauf folgende emotionsgeladene und oft unsachliche Standortdiskussion stieß bei Jürgen Erkens, Wolfgang Gerstenberger und Eberhard Weidner auf großes Unverständnis. Die drei Kirchheimer wurden sich schnell einig: Eine Gegenposition muss sich zu Wort melden. Mitte Mai initiierten sie den gemeinnützigen Verein "Miteinander in Kirchheim" - und nahmen sich viel vor. Mit Aufklärungsarbeit wollen sie in den nächsten Jahren für mehr Offenheit und Respekt unter ihren Mitbürgern werben - und damit im Landkreis eine Vorreiterrolle einnehmen.

Wie geht man mit Fremden in Kirchheim um? Dieser Frage geht der Verein nach und möchte mit unterschiedlichsten Projekten eine Antwort finden. Unabhängig, überparteilich und konfessionslos beteiligt sich die Initiative an einer Willkommenskultur in Kirchheim . "Vor allem wollen wir uns vor keinen politischen Karren spannen lassen", sagt Initiator Weidner. Der Verein versteht sich auch nicht als Sprachrohr für Asylbewerber. Leistet der Kirchheimer Helferkreis Asyl praktische Hilfe für ankommende Flüchtlinge, sieht der neue Verein seine Aufgabe vor allem in der aufklärenden Öffentlichkeitsarbeit.

"Unsere Zielgruppe sind die Kirchheimer Bürger", sagt Vorsitzender Erkens. Dennoch arbeiten die Initiatoren mit dem Helferkreis eng zusammen. Am Tag der offenen Tür des im September bezugsfertigen Asylbewerberheimes beteiligt sich die Initiative mit einem Infostand. Vorstellen wird sich der Verein auch auf der Kirchheimer Sozialmesse im November.

Die Karten auf den Tisch legen. Was ist Tatsache, was sind Vermutungen? Mit einem Faktencheck auf Flyern und der Vereinswebseite wollen die Initiatoren den Diskussionen über angebliche Wertminderungen von Häusern durch die Flüchtlingsunterkunft oder finanzieller Bevorzugung der Neu-Kirchheimer mit Zahlen und fundierten Informationen entgegnen - "um den Bürgern eine zutreffende Beurteilung zu ermöglichen", sagt Weidner.

Den Ursachen von Vorurteilen und Ressentiments soll auf den Grund gegangen werden. In Zusammenarbeit mit der Münchner Hochschule für Philosophie werden Podiumsdiskussionen und Vorträge in Kirchheim stattfinden. "Es werden Fragen gestellt wie: Was sind die Vorteile von Gemeinschaft und einem respektvollen Umgang?", sagt Weidner. "Auch sehen wir einen Schwerpunkt in der Arbeit mit Jugendlichen", fügt Gerstenberger hinzu. Mit allen vier Kirchheimer Schulen steht der Verein in Kontakt, Gesprächsrunden mit Schülern sind bereits in Planung.

Für die drei Initiatoren ist die Vereinsführung ein neue Erfahrung. Vor allem die Anerkennung der Gemeinnützigkeit stellte die engagierten Männer vor eine Herausforderung. "Wir mussten drei mal die Satzung ändern", sagt Erkens. Nach der Feststellung der Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt wollen die drei Kirchheimer nun ihre Mitbürger für Mitgliedschaften gewinnen. In seinen Anfängen zählt der Verein bisher zehn Mitglieder. "Der Bürgermeister hat sich als Privatperson bereits als Mitglied eingetragen", sagt Erkens. Er hofft auf viel Unterstützung in seiner Gemeinde. "Wir müssen alle an einem Strang ziehen."

© SZ vom 11.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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