Kirchheim:Lesen in der Krise

Kirchheim, Gemeindebücherei, Jubiläum, Leiterin Elvira Herfurtner

Elvira Herfurtner leitet die Kirchheimer Gemeindebibliothek seit 15 Jahren.

(Foto: Angelika Bardehle)

Obwohl die Zahl der Nutzer wächst, verzeichnet die Gemeindebücherei in den vergangenen zwei Jahren einen Rückgang bei den Ausleihen

Von Christina Hertel, Kirchheim

"Lesen stärkt die Seele", soll der französische Philosoph Voltaire im 18. Jahrhundert gesagt haben. Kirchheim arbeitet an der seelischen Ertüchtigung seiner Bewohner nun seit 40 Jahren. 1980 eröffnete in der Gemeinde die Bücherei, und im Laufe der folgenden vier Jahrzehnte nahmen immer mehr Menschen das Angebot an. Gut 1800 registrierte Nutzer leihen derzeit Bücher, DVDs, Zeitschriften oder Hörspiele aus. Das sind 500 mehr als zu den Gründungszeiten Anfang der Achtzigerjahre. Allerdings stehe auch die Kirchheimer Gemeindebücherei vor Herausforderungen, sagt Leiterin Elvira Herfurtner. Denn obwohl heute mehr Leser registriert seien, liehen diese immer weniger Bücher aus. Um etwa zehn Prozent sei die Zahl der ausgeliehenen Medien in den vergangenen beiden Jahren zurückgegangen. 2019 seien insgesamt 80 000 Medien entliehen worden.

Herfurtner sieht darin einen Trend, den die gesamte Buchbranche betrifft. Es sei vor allem schwer, Jugendliche für das Lesen zu begeistern. Senioren und Familien mit kleinen Kindern hingegen kommen regelmäßig zu ihr in die Bücherei. Deshalb kommt ihr das Jubiläumsgeschenk der Gemeinde gelegen: Diese spendet ihr 120 Bücher für Leseanfänger. Die Bücher für kleine Kinder kommen zu den 24 000 Medien hinzu, die schon jetzt in Kirchheim ausgeliehen werden können. Dazu muss man übrigens nicht in Kirchheim wohnen und bloß eine Aufnahmegebühr von drei Euro bezahlen. Über die Online-Plattform Leo Süd ist es dann auch möglich, E-Books zu bestellen. Kosten entstehen in der Kirchheimer Bücherei für die Nutzer ansonsten nur, wenn man die ausgeliehen Medien nicht rechtzeitig zurückgibt.

Neben den Büchern für Leseanfänger sind nach Angaben Herfurtners die Zeitschriftenabos beliebt. "Trotz Streaming verleihen wir auch viele DVDs und Hörbücher", erzählt die Büchereileiterin. Der Bestand an Sachbüchern gehe dagegen zurück. "Für Information nutzen die Menschen meist das Internet."

Das war in den Zeiten, als die Bücherei eröffnete, noch anders. 1980 gründeten ehrenamtliche Mitarbeiterinnen der Pfarrei Sankt Andreas die Bibliothek in der Kirchheimer Grund- und Mittelschule. Bis September 2016 war die heutige Gemeindebücherei dort untergebracht. Damals musste sie umziehen, als die Mensa saniert wurde. Seitdem leihen die Kirchheimer ihre Bücher am Schlehenring aus. "Die Räume sind heller und moderner", sagt Herfurtner. Eigentlich sind sie auch optimal für Veranstaltungen - doch in diesem Jahr mussten Vorlesen für Vorschul- und Schulkinder, Büchereiführungen für Kindergartengruppen, Klassenführungen, Bastelvormittage in den Schulferien und Lesungen für die Erwachsenen und die Seniorenlesungen am Vormittag wegen der Corona-Pandemie ausfallen. Auch ein großes Fest zum Jubiläum wird es nicht geben. Es kommen nur Claudia Maria Pecher, die Leiterin der Landesfachstelle des Sankt Michaelsbundes, und Sabine Adolph, Diözesanbibliothekarin von der Diözesanstelle für das Büchereiwesen im Erzbistum München und Freising, zum Gratulieren vorbei. Sie sind eingeladen, weil die Bücherei auch an den Sankt Michaelsbund angegliedert ist und so Spendengelder erhält.

Viel verändern möchte die Büchereileiterin Herfurtner in Zukunft nicht. Früher arbeitete sie als Juristin, doch mit zwei kleinen Kinder sei dieser Job nicht mehr machbar gewesen, sagt sie. Deshalb fing sie zuerst in der Gemeindebücherei in Feldkirchen an, seit 15 Jahren ist sie Chefin der Kirchheimer Bücherei. Sie kenne ihre Kunden und wisse oft, was ihnen gefallen könnte. "Doch meistens ist das Buch ausgerechnet dann verliehen", sagt sie.

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