Kirchheim:Seelenfängerin

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Gabriele von Ende bezeichnet sich selbst als haptische Malerin - und so fordert sie auch ihre Gäste auf, die Bilder zu berühren. (Foto: Florian Peljak)

Namen für ihre Bilder? Da würde die Malerin Gabriele von Ende dem Betrachter doch nur wieder etwas vorgeben. Und genau das will die Künstlerin, die ihre Werke in der Ausstellung "Kalte und warme Farben" in Kirchheim präsentiert, eben nicht

interview Von Cathrin Schmiegel, Kirchheim

Gabriele von Ende ist ein haptischer Mensch. Gerne fährt die Malerin aus Haar über ihre Bilder, berührt hervorstehende Details, wie das blutrote Rinnsal, das wie eine Vene auf einem der Gemälde zu pulsieren scheint. Ihre Werke sprechen ihr aus der Seele. Ausgestellt hat sie diese auf der ganzen Welt: auf der Art Hampton/New York in den Vereinigten Staaten, der Art Beijing in China oder der Art Köln . Von Sonntag, 7. Juni, an zieht ihre Ausstellung "Warme oder kalte Farben?" in das neue Bürgerhaus in Kirchheim. Vorgaben macht sie ihren Besuchern natürlich nicht. Nur anfassen, ja, das ist ausdrücklich erwünscht.

SZ: Frau von Ende, Ihre Bilder tragen keine Namen. Warum nicht?

Gabriele von Ende: Das will ich nicht. Ich würde den Menschen nie etwas vorgeben, um sie zu beeinflussen. Ich will ihnen den freien Gedanken lassen. Wenn sie dann vor dem Bild stehen, sollen sie sagen: Das Bild berührt mich. Manchmal fragen mich Betrachter, was ich mir beim Malen gedacht habe. Dann erzähle ich schon etwas.

Ihre Technik erkennen Kunstsammler mittlerweile schon. Was ist das Geheimnis?

Ich male meine Bilder in sieben Schichten. Erst bei ihrer Entwicklung weiß ich, welche nach oben gehört. Indem ich die Bilder beim Malen drehe, um 360 Grad, mache ich es für mich und den Käufer spannender. Sie können das waagrechte Bild später ohne weiteres senkrecht aufhängen. Damit man sie drehen kann, signiere ich meine Bilder auf Ihrer Rückseite. Durch andere Perspektiven ergibt sich dann auch etwas vollkommen Neues. Dabei achte ich immer darauf, dass alles sehr harmonisch ist. Die Bilder animieren die Menschen dann. Gerade abstrakte Malerei gibt einem so viel. Die Materialen, die ich verwende, mische ich selbst: mit Pigmenten und Füllmaterial. So kann ich dreidimensional arbeiten.

Welches Konzept steckt dahinter?

Ich möchte den Menschen möglichst viel mit meinen Bildern geben. Ich will, dass sie etwas Positives von den Farben darin gewinnen und sie damit aufbauen und motivieren. Es ist mir dabei ein großes Anliegen, dass Besucher meine Kunst anfassen können. Ich freue mich, wenn sie das Gemälde so anziehend finden, dass Sie es berühren wollen. Nur Kratzen mag ich nicht.

Das hört sich nach einem therapeutischen Zweck an.

Ja, ich denke, meine Kunst geht in diese Richtung. Manche Menschen wissen gar nicht, was Farbe und deren Schwingungen ihnen bieten kann. Das geht bei der Bettwäsche schon los. Es kommt darauf an, in was ich mich nachts bette, und welche Farben und welche Energien über die Haut eingegeben werden. Dieses Farbdenken ist wichtig. Deswegen habe ich diese Ausstellung "Kalte und warme Farben" genannt. Die Räume habe ich entsprechend aufgeteilt. In einem Zimmer sind Bilder mit warmen und kalten Farben gemischt, im nächsten gibt es nur kalte Farben. Die Menschen können dann überlegen, wie es ihnen mit den jeweiligen Farben geht und wann sie kalte oder warme Farben brauchen. Ich will den Menschen nichts Negatives vermitteln. Ich bin eine soziale Kunstmalerin.

Woher kommt dieser soziale Aspekt?

Meine soziale Seite ist mir sehr wichtig. Ich habe drei Hospizvereine gemeinsam mit anderen gegründet und jahrelang mit trauernden Menschen gearbeitet und ihnen geholfen zu sehen, wo ihr Leben weitergeht. Diese Tätigkeit verbinde ich mit Farbe und Gesprächen. Ich habe das 20 Jahre lang gemacht. Vor fünf Jahren kam dann der Punkt, an dem ich mich auf meine Malerei konzentrieren wollte. Dennoch will ich heute noch Menschen helfen, ich lese ausländischen Kindern vor. Zehn Prozent der Einnahmen der Ausstellung spende ich dem Hospizverein Kirchheim.

Haben sich ihre Bilder dadurch verändert?

Ja. Als ich die Menschen noch intensiv begleitet habe, waren meine Bilder viel pastelliger, gegenständlicher. Sie gingen in die philosophische Richtung, waren eher eine Rudolf-Steiner-Geschichte. Ich habe gemerkt, dass ich einen Kontrast zu meiner Arbeit brauche: Etwas Sanftes, um mich weicher zu stimmen. Jetzt male ich nur noch, was in mir ist. Die Bilder haben sich dadurch sehr verändert.

Wo haben Sie ihr Handwerk gelernt?

Ich hatte einen Stiefvater, der Künstler war. Ich habe mit dem Malen schon als Kind angefangen, wie er mit Ölfarben. Dann habe ich kurz die Münchner Kunstschule besucht. Nicht lange, ich bin eine nicht-studierte, aber erfahrene Malerin. Vor einer Ausbildung bin ich davon gelaufen. Es waren immer so viele Ideen in mir. Ich wollte nicht eingesperrt werden in ein "Müssen". Eine Zeit lang habe ich Kunsttherapie studiert, das hätte ich gerne weitergemacht. Aber ich hatte keine Zeit, wegen der Arbeit in Hospizvereinen. Das war mir unglaublich wichtig.

Haben sie jemals etwas Gegenständliches gemalt?

Es gibt nur ein paar nicht abstrakte Bilder. Wenn ich etwas abmalen soll, ist mir darin zu wenig Kunst. Ich liebe Abstraktes. Das Malen fordert viel von mir und lässt etwas Neues entstehen, was es so noch nie gegeben hat. Bei der Arbeit kommt meine Neugier heraus. Der Prozess dauert lange, dazu gehört viel Seelenarbeit. Meine Bilder haben nichts Grafisches. Es ist Seelen-Art.

Die Ausstellung "Kalte und warme Farben" der Haarer Künstlerin Gabriele von Ende gastiert von 7. Juni bis 31. Juli im Neuen Bürgerhaus in Kirchheim, Feldkirchner Straße 2, und ist immer donnerstags von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Die Vernissage findet am Sonntag, 7. Juni, von 11 Uhr an statt. Neben Bewirtung gibt es Gitarrenmusik.

© SZ vom 06.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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