Kindergartenküche:Wohl bekomm's

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Der Teller ist leer: Dem kleinen Celli schmeckt es. (Foto: Claus Schunk)

Seit eineinhalb Jahren versorgt ein kreatives Küchenteam 300 Kinder in Betreuungseinrichtungen der Gemeinde. Auf den Teller kommt viel Obst und Gemüse - nur einmal in der Woche gibt es Fleisch.

Von Bernhard Lohr, Haar

Eltern wissen es nur zu gut. Kinder haben eigene Vorstellungen von gutem Essen. Die Knödel mit Soße oder das Kinderschnitzel Pinocchio sind die Renner auf jeder Speisekarte. Wer also Kindern Obst und Gemüse schmackhaft machen will, der muss sich etwas einfallen lassen. Manuela Dambowy stellt sich dieser Herausforderung und hat zu Hause mit einem einfachen Trick viel erreicht. Sie lässt die Äpfel und Orangen nicht mehr im Obstkorb liegen, wo sie dann vergammeln. Sie schält das Obst und macht alles schön zurecht, bevor sie aus dem Haus geht. Die Tochter muss daheim dann nur noch zugreifen. "Seit wir das machen, wird das Obst auch gegessen", sagt sie.

Wenn Dambowy von zu Hause in die Arbeit kommt, kann sie in diesem Stil gleich weitermachen. Denn die Gemeinde Haar hat vor eineinhalb Jahren damit begonnen, ihre Kindertagesstätten von der zentralen Küche an der Casinostraße aus mit Speisen zu versorgen. Das Team um Küchenchefin Dambowy kocht seitdem frisch, die Lebensmittel stammen weitgehend aus biologischem Anbau, dazu kommt viel Obst auf den Teller. Manche Eltern wundern sich, was ihre Kinder in der Krippe und im Kindergarten alles essen.

Die Sachbearbeiterin aus dem Rathaus darf probieren

Anja Pletz hält einen Wrap in der Hand, als sie dem Besucher die Tür zur Kindertagesstätte öffnet. Es ist gerade mexikanische Woche, die Kinder bekommen an diesem Freitag eine mit einer Reiszubereitung gefüllte Maistortilla auf den Teller, die sie sich im übrigen selbst rollen dürfen. Pletz beißt auf dem Weg ins Büro nochmal in den Wrap, bevor sie ihn zur Seite legt. "Das schmeckt ziemlich gut", sagt sie. Pletz ist immer freitags im Haus und darf dann das Essen des Tages probieren. Eine leckere Sache, sagt die Sachbearbeiterin im Rathaus, und lacht. Sie kümmert sich um das Essenprojekt, das Chefin Susanne Hehnen Ende 2014 nach einem Blick in die bestens ausgestattete Küche in der sanierten Kindertagesstätte angestoßen hat.

Bis dahin hatte Dambowy nur für die 24 Krippenkinder im Haus gekocht. Selbst die vier Kindergartengruppen dort belieferte ein Caterer. Das Küchenteam wurde also aufgestockt, dann kochte dieses erst für das gesamte Haus und schließlich kamen vier weitere Einrichtungen dazu. Nach einem anstrengenden Anfang, einem wahren Kraftakt, verköstigen vier Frauen in der Küche mittlerweile mit viel Routine und Gelassenheit 300 Kinder. Um 11.30 Uhr sind an diesem Tag alle Essenspakete für den Lieferanten vorbereitet.

Die Küche ist wieder picobello und das Küchenteam gedanklich schon bei den Vorbereitungen für die nächste Woche. Man könnte sich vorstellen, sogar noch mehr Kinder zu bekochen. "Es ist alles machbar", sagt Köchin Francesca Marzocca. "Wenn man für 100 Kinder kochen kann, kann man auch für 500 kochen." Anja Pletz kann sich vorstellen, dass man das Projekt noch ausweitet. Dringlich sei das aber nicht.

Für das Rathaus ist das Projekt Pletz zufolge jedenfalls ein doppelter Gewinn, weil man direkten Einfluss auf den Speiseplan hat und die Kosten sanken. 64 Euro zahlten Eltern aktuell im Monat an Essensgeld, bei 20 Essen, sagt Pletz. Damit sei auch das vierköpfige Küchenpersonal finanziert. Früher habe der Essensbereich das von der Gemeinde jährlich zu tragende Defizit in die Höhe getrieben. Nun würden die Kosten durch die Einnahmen gedeckt. Es gibt täglich ein Gericht.

Das Küchenteam für die Betreuungsstätten besteht aus Francesca Mazoka (links), daneben Heike Loy sowie Chefin Manuela Dambowy (rechts). (Foto: Claus Schunk)

Wenn Kinder eine Laktoseunverträglichkeit hätten, Eier nicht essen könnten oder Weizen, werde darauf eingegangen, sagt die Leiterin der Einrichtung an der Casinostraße, Michaela Bohndorf. Aus Rücksicht auf muslimische Kinder werde Rindfleisch und Geflügel der Vorzug gegeben. Das Obst und Gemüse werde von einem Hofladen bezogen, und außerdem beteilige man sich am staatlichen Schulobstprogramm, weshalb man über den Biomarkt am Ort wöchentlich kostenlos Obst beziehe. "Wir müssen nur die Annahme quittieren." Begleitet wird das Ganze von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, von der man sich über das Fit-Kid-Projekt hat zertifizieren lassen.

Es kommt Chili sin Carne auf den Tisch

Das Küchenteam um Dambowy zieht sein Konzept durch, das Kindern eine gesunde Ernährung schmackhaft machen soll. Zu den Vorgaben gehört, nur einmal in der Woche Fleisch zu servieren. Auch wenn Kinder Kinderschnitzel lieben und Hackfleischsoße immer gegessen wird. Anstelle von Chili con Carne kommt seit Dezember 2014 in fünf gemeindlichen Kindertagesstätten Chili sin Carne auf den Tisch. Küchenchefin Dambowy mag abwechslungsreiche Kost. Zum Wrap gibt es an dem Tag zum Beispiel Melonensalat. Anja Pletz ist selbst Vegetarierin und genießt ihren Freitagssnack. Einrichtungsleiterin Michaela Bohndorf aber sagt, "ich muss gestehen, ich bin ein absoluter Fleischliebhaber, wohl eine Prägung aus der Kindheit, wie sie vermutet.

In der Kindertagesstätte erziehen sich die Kinder auch gegenseitig. Die Gruppendynamik mache viel aus, sagt Pletz. Nicht zuletzt ist in der Kitaküche Kreativität gefragt; bei der Präsentation und bei der Speisenauswahl überhaupt. Für das Team in der Küche kein Problem. Eine der Kolleginnen von Dambowy ist Italienerin, eine stammt aus Afghanistan und eine aus Niederbayern. Also gab es mal eine Woche italienisches Essen, eine Woche afghanische Küche, und bayerische Speisen kommen sowieso auf den Tisch. In Kürze steht wieder die neue Wochenplanung an. Dann, sagt Pletz, würden auch die Kinder befragt, was sie essen wollten. Dass nur Schnitzel mit Pommes Frites auf der Wunschliste stehen, befürchtet sie nicht.

© SZ vom 09.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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