Kiesabbau:Ermutigendes Signal aus dem Würmtal

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In Salmdorf kämpft eine Bürgerinitiative gegen die Belastung durch den Lkw-Verkehr vom und zum nahen Kieswerk. (Foto: Angelika Bardehle)

Der Verzicht der Firma Glück auf eine Waldfläche bei Planegg bestärkt Anwohner anderer Werke in ihrem Widerstand

Die Entscheidung des Gräfelfinger Kies-Unternehmens Glück, seinen Antrag auf Auskiesung einer 24 Hektar großen Waldfläche bei Planegg zurückzuziehen, bestärkt die Gegner des Kiesabbaus an anderen Orten im Landkreis München in ihrem Widerstand. Die Bürgerinitiative gegen Schwerlastverkehr im Haarer Gemeindeteil Salmdorf, wo die Firma Glück das Quetschwerk Mühlhauser betreibt, will weiter Argumente gegen den Kiesabbau mit seinen vielen Lkw-Transporten sammeln. "Das ist kein Zustand", sagte ihr Sprecher Alexander Bär am Dienstag. Im Oberhachinger Ortsteil Furth, wo ein anderes Unternehmen den Kiesabbau vorantreiben möchte, haben Anwohner Unterschriften gegen zusätzlich geplante Abbauflächen gesammelt.

Die Regierung von Oberbayern gab am Montag bekannt, dass die Planungen für einen Kiesabbau westlich von Planegg im Bereich der sogenannten Dickwiese "in der Form nicht weiterverfolgt" werden. Die Entscheidung in Planegg kommt einer kleinen Sensation gleich. Seit Frühsommer verfolgt die Firma Glück die Strategie, neben der laufenden Kiesausbeutung in Forst Kasten ein neues Abbaugebiet in Planegg zu schaffen. Gegen diese Pläne formierte sich in den vergangenen Monaten im gesamten Würmtal erheblicher Widerstand: Es gründeten sich mehrere Bürgerinitiativen, es kam zu etlichen Demonstrationen, fast 13 000 Unterschriften gegen weiteren Kiesabbau wurden binnen Wochen gesammelt. Das Gebiet nahe der Lindauer Autobahn wurde mit dem Hambacher Forst und den Ereignissen dort verglichen. Die Bürgerinitiative "Rettet den Würmtaler Wald" fand Zuspruch aus der ganzen Republik.

Ganz so groß ist die Protestwelle in Salmdorf und Oberhaching noch nicht. In Oberhaching war von 40 Unterschriften im September die Rede, als der Bauausschuss der Gemeinde sich zum ersten Mal mit dem Thema befasste. Kürzlich war der Kiesabbau in der Bürgerversammlung ein Thema, nun standen auf der Unterschriftenliste schon 150 Namen. Schon viele Jahre wird in dem Gebiet Kies abgebaut, doch jetzt soll es eine neue Grube geben, die näher als die alte an die Wohnbebauung heranrückt. Sehr zum Leidwesen der Bewohner am Büchl und am Wagnerweg. Diese haben ausgerechnet, dass bei einer 20-jährigen Nutzdauer täglich mehr als hundert Laster bei ihnen vorbeidonnern würden. Das sei laut und verursache jede Menge Staub, so die Kritik. Anwohner Heinz Huber findet: "Man muss nicht den letzten Kieselstein in Furth schürfen."

Oberhachings Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) versteht den Ärger, sagt aber auch: "Jeder, der Eigentum hat, darf das auch nutzen, und wenn es Kies ist." Rechtlich könne das nicht ganz verhindert werden. Auch gab er zu bedenken, dass bei der jetzigen Baukonjunktur viel Kies benötigt werde. "Wir können nicht sagen, wir machen keine zweite Stammstrecke, weil wir keinen Kies haben", sagte Schelle bei der Bürgerversammlung. Er hält es auch nicht für sinnvoll, den Kies irgendwo aus der Gegend von Landshut zu holen, da Lkw dann hundert Kilometer weit fahren müssten.

Eine gute Nachricht gibt es dennoch für die Anwohner in Furth, die um ihre Ruhe fürchten. Das Landratsamt hat jetzt die nahe Bebauung als "reines Wohngebiet" eingestuft. Der Betreiber der Kiesgrube war noch von einem "allgemeinen Wohngebiet" ausgegangen und hatte ein Lärmgutachten mit entsprechend höheren Grenzwerten vorgelegt. "Jetzt müssen wir warten, bis wieder ein Bauantrag kommt", erläuterte Schelle den Stand des Vorhabens.

In Salmdorf wollen derweil Anwohner den Druck auf das Unternehmen Glück erhöhen, weil sie die Hoffnung aufgegeben haben, dass die Politik dem seit den Sechzigerjahren dort betriebenen Kiesabbau ein Ende bereiten wird oder einfach die Abbauflächen zur Neige gehen. BI-Sprecher Bär sagt, man habe Lkw gezählt und sei auf mehr als 300 Fahrten an einem Tag gekommen. "Wir arbeiten darauf hin, dass irgendwann Schluss ist", sagt er. Ein Hebel könnte sein, die Fremdkies-Verarbeitung in Salmdorf rechtlich anzugreifen. Es gebe klare, einschlägige Urteile des Verwaltungsgerichts München, die das Zu- und Abfahren von Material als Nutzungsänderung eingestuft hätten. Dort wolle man ansetzen und auch im aufziehenden Kommunalwahlkampf die Positionen der Parteien in Haar abklopfen.

Wegen Salmdorf zeigte sich Glück-Geschäftsführer Markus Wahl kürzlich unbekümmert und verwies auf die uneingeschränkte Betriebserlaubnis. Den Rückzug in Planegg begründet er damit, dass man davon ausgehe, "in Forst Kasten weitermachen" zu können, also auf die Planegger Kiesflächen nicht angewiesen zu sein. Astrid Pfeiffer aus Planegg, die von Beginn an gegen Kiesabbau kämpfte, geht davon aus, dass die Stadt München am 12. Dezember entscheidet, ob sie ihren Wald für Kiesabbau im Forst Kasten zur Verfügung stellt.

© SZ vom 04.12.2019 / hilb, belo, rar - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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