Jahresausklang:Frösche und Flöten

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Das Ensemble Haar hat für sein Silvesterkonzert in der Jesuskirche ein originelles Programm zusammengestellt

Von Udo Watter, Haar

Im Prinzip gibt es zwei akustische Dimensionen, die den Ohren unmissverständlich den Jahreswechsel signalisieren: Die Walzer von Johann Strauß und das Knallen der Silvesterböller. Wer das Konzert des Ensembles Haar am Montag, 31. Dezember, in der Jesuskirche besucht, darf sich auf eine originellere Lauscherfahrung freuen: Zu Beginn seines Violinkonzerts A-Dur ("Les rainettes", zu deutsch "Die Frösche") inszeniert Georg Philipp Telemann eine Froschmusik, bei der Sologeige und Orchester in humorvollem Dialog das Quaken der Frösche imitieren. Wie der Barockkomponist (1681 bis 1767) das Gequake überraschend komisch auch noch mal gegen Ende des ersten Satzes einbaut, klingt fast schon modern und in jedem Fall ziemlich amüsant. Ob das Adagio des zweiten Satzes eine Idylle beschreibt - etwa ein Froschpärchen am Teich in verliebter Harmonie - sei dahingestellt, das folgende höfische Menuett verzichtet jedenfalls ganz auf Froschlaute und ist frische, mitreißende Barockmusik pur.

Auch sonst hat das Silvesterkonzert des Ensembles, das von Konzertmeister und Dirigent Winfried Grabe geleitet wird, spannende Programmpunkte zu bieten. Beim viersätzigen Konzert von Telemann in e-Moll für Blockflöte und Traversflöte wird es besonders reizvoll sein, die Klangfarben der beiden Soloinstrumente, die obertonreiche Blockflöte, die in Haar von Tatiana Flickinger gespielt wird, und die grundtondominierte Traversflöte, Solistin ist Stefanie Hamburger, im Vergleich zu hören. Gerade zu dieser Zeit mitten im Barock erfolgte die Ablösung der Blockflöte durch die Querflöte als Orchesterinstrument. Beide Solopartien sind vor allem in den schnellen Sätzen von hoher Virtuosität bestimmt.

Der zweite Teil des Konzerts ist Johann Sebastian Bach gewidmet: Das Violinkonzert in g-Moll ist vornehmlich bekannt als Cembalokonzert in f-Moll, aber eben vermutlich schon früher als Violinkonzert in seiner Köthener Zeit entstanden. "Wie wir wissen, hat Bach oft eigene Werke umgeschrieben oder in neue Zusammenhänge gestellt - Parodietechnik. So wurde etwa auch hier der ergreifende langsame Satz von ihm als Einleitung zu seiner Kirchenkantate 'Ich steh mit einem Fuß im Grabe' verwendet", konstatiert Georg Freitag vom Ensemble Haar. Trotz seiner Virtuosität wirkt auch der erste Satz fast introvertiert, der dritte hingegen entfaltet barocke Sinnenfreude und hohe polyfone Meisterschaft.

Zum Finale des festlichen Konzertes erklingt das Brandenburgische Konzert Nr.4 in G-Dur - ein Werk für Solovioline, zwei Blockflöten und Streichorchester. Die Geschlossenheit und die hoch entwickelte motivische Arbeit sind ohne Zweifel ein Grund für die Berühmtheit des Werks. "Kann man als Zuhörer nach dem tänzerischen Allegro des ersten Satzes im zweiten Satz noch meditativ das Jahr Revue passieren lassen, wird man im dritten vom Schwung förmlich mitgerissen", beschreibt Georg Freitag die Faszination des Werks. "Mit Bewunderung kann man die Verschränkung von fünfstimmiger Fuge und Ritornell erleben, vor allem aber die Bariolagetechnik und aberwitzigen Läufe der Solovioline, die einen geradezu ins neue Jahr katapultieren." Für Violinist Grabe, der unter anderem bei den Münchner Philharmonikern, dem BR-Symphonieorchester oder den Münchner Symphonikern spielte, eine schöne Herausforderung.

Das Konzert in der Haarer Jesuskirche, Waldluststraße 36, beginnt um 20 Uhr. Karten im Vorverkauf gibt es online über www.ensemblehaar.de. Die Abendkasse ist von 19.15 Uhr an geöffnet.

© SZ vom 21.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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