Ismaning:Vorreiter in Ismaning

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Jazz-Reihe im Kallmann-Museum feiert ihr 20-jähriges Bestehen

Von Oliver Hochkeppel, Ismaning

Schon lange ist der Jazz keine Subkultur mehr, er ist vielmehr die stiloffene Kunstmusik des 21. Jahrhunderts, gespielt von fast ausschließlich akademisch ausgebildeten Musikern. Trotzdem bleiben ihm die heiligen Hallen der Hochkultur meist noch verschlossen. Eine bemerkenswerte Ausnahme ist das Kallmann-Museum in Ismaning. 1992 eröffnete der Nachbau der Orangerie des Schlosses als Stiftungsmuseum. Doch Gründungsleiterin Gisela Hesse hatte von vorneherein auch einen Ort für moderne, zeitgenössische Kunst und Kultur im Kopf. Auch Musik sollte dazugehören, und so wurde drei Jahre später die Jazzreihe mit acht Konzerten im Jahr installiert.

Stiftungsrat Werner Kraus, einerseits Jurist und Referatsleiter beim Verband der bayerischen Bezirke, andererseits ein großer Jazzfan, übernahm ehrenamtlich die Programmarbeit - bis heute. Dass die Räume des Museums klein sind und akustisch keine Lautstärke vertragen, konnte ihn ebenso wenig schrecken wie das anfangs schmale Budget. Kraus machte aus der Not eine Tugend: Er holte kleine, kammermusikalische, oft eigens für Ismaning zusammengestellte Besetzungen. Mit der Ausrichtung zu improvisierter Musik jeder Färbung war die Reihe Vorreiter der Entwicklung, die der Jazz in den vergangenen 20 Jahren genommen hat. Die kreativsten Köpfe der deutschen Szene kamen gerne nach Ismaning, local heroes wie die Bassisten Thomas Stabenow (der im September 1995 den Auftakt bestritt) oder Henning Sieverts, der Posaunist Mathias Götz oder der Saxofonist Hugo Siegmeth, aber auch spätere Stars wie Posaunist Nils Wogram und Pianist Michael Wollny. Unter der Leitung von Hesses Nachfolger Rasmus Kleine wurde die Reihe internationaler, zuletzt waren der Schweizer Saxofonist Andy Scherrer, der serbisch-französische Pianist Bojan Z., sein walisischer Kollege Gwilyn Simcock oder das polnische Quartett von Marcin Wasilewski zu Gast.

Mit gutem Grund wird also das 20-jährige Bestehen mit einem Jazzweekend gefeiert. Nach Marc Perrenoud zum Auftakt folgt am Samstag mit Johannes Enders ein alter Freund der Reihe; der vielleicht einflussreichste deutsche Saxofonist ist sowohl im Modern Jazz wie im NuJazz (Enders Room) und im Pop der Weilheimer Szene zu Hause. Diesmal kommt er mit dem Vibrafonisten Karl Ivar Refseth, der mit Enders bereits im Billy Hart Trio spielte, vielen aber auch von The Notwist oder dem Andromeda Mega Express Orchestra bekannt ist. Kraft und Gefühl, Experiment und Eingängiges halten sich bei den beiden die Waage. Gleich danach folgen mit dem Trio des Pianisten Jürgen Friedrich herausragende Vertreter der Kölner Szene. Den Schlusspunkt setzt am Sonntag das ungewöhnliche deutsch-dänisch-norwegische Trio des Trompeters Bert Lochs, des Pianisten Dirk Balthaus und des Tubisten Steffen Granly, das ebenfalls hochvirtuos zwischen balladesker Melancholie und ungestümen Groove-Attacken changiert.

Jazzweekend, bis Sonntag, 25. Oktober, Kallmann Museum Ismaning, 96 12 94 8

© SZ vom 24.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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