Ismaning:Souverän im Schloss

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Noch tritt Alexander Greulich mehr als Verwalter denn als politischer Initiator in Erscheinung. (Foto: Robert Haas)

Alexander Greulich ist in die großen Fußstapfen von Michael Sedlmair getreten. Doch nach einem Jahr agiert Ismanings SPD-Bürgermeister zunehmend selbstsicher - und hat gelernt, dass man es nicht allen recht machen kann

Von Irmengard Gnau, Ismaning

Wenn er wie neulich beim Empfang der Neubürger von den Vorzügen seiner Gemeinde erzählen darf, kommt Alexander Greulich leicht ins Schwärmen. Als "Perle des Münchner Nordens" bezeichnet der 45-Jährige Ismaning dann gern, wegen seines vielen Grüns, seiner guten Lage zwischen Flughafen und Landeshauptstadt, seiner sprudelnden Gewerbeeinnahmen und nicht zuletzt seines historischen Erbes mit dem prächtigen Schloss, in dem Greulich als Bürgermeister residiert. Seit einem Jahr trägt der SPD-Politiker die Hauptverantwortung dafür, den Glanz der Gemeinde zu erhalten und ihn bestmöglich zu mehren. Eine schöne Aufgabe, wie Greulich immer wieder beteuert; wenn auch keine einfache.

Die Fußstapfen, in die Greulich tritt, sind groß: 24 Jahre lang hat sein Amtsvorgänger, der Freie Wähler Michael Sedlmair, im Ismaninger Rathaus regiert und die Kommunalpolitik des Ortes mit seiner Fraktion federführend bestimmt. Er hat viel auf den Weg gebracht und seinem Nachfolger 2014, als er selbst nicht mehr zur Wahl antrat, ein reiches Erbe hinterlassen. Doch darin steckt auch viel Arbeit.

Denn angestoßene Großprojekte wie das neue Gymnasium, um das Ismaning lange Jahre gekämpft hat, müssen nun in mühevoller Detailplanung vollendet werden. Dabei kommt manches Problem ans Licht, mit dem im ersten Jubelrausch noch niemand gerechnet hat. Unterschiedliche Interessenslagen etwa. Im Gemeinderat herrscht große Begeisterung darüber, dass die Kommune mit dem Commundo-Tagungshotel am Seidl-Kreuz-Weg ein Bestandsgebäude gefunden und erworben hat, das sich laut einer Studie geradezu ideal als Schulhaus eignet. Die Anlieger des Seidl-Kreuz-Wegs stehen dem Projekt allerdings weniger euphorisch gegenüber. Sie fürchten eine steigende Verkehrsbelastung und Lärm und halten die Planungen für wenig überzeugend - was sie Greulich gegenüber auf einer eigens einberufenen Informationsveranstaltung auch deutlich zum Ausdruck brachten.

Auch das sind wohl Erfahrungen, die ein Bürgermeister im Amt machen muss. Wie diskutiert man mit erzürnten Bürgern, die sich mit ihren Problemen nicht ernst genommen fühlen? "Das ist vielleicht die hohe Schule der Diplomatie, die man über Jahre lernen muss", meint Luise Stangl, SPD-Gemeinderätin und Dritte Bürgermeisterin. Auch Greulich hat seine Lehren gezogen aus den Erlebnissen seines ersten Amtsjahres. "Kann man es allen recht machen? - Nein", meint er. Ein "Bürgermeister für alle", wie sein Slogan vor der Kommunalwahl 2014 lautete, will der Ismaninger aber dennoch sein. "Wir versuchen immer, im Rahmen einer vernünftigen Abwägung die beste Entscheidung zu treffen", versichert er.

Verlassen kann sich der Fachanwalt für Miet- und Baurecht dabei auf die Unterstützung seines Stabs. Die Gemeindeverwaltung genießt hohes Ansehen, viele Mitarbeiter sind seit Jahrzehnten im Ismaninger Rathaus beschäftigt. "Das macht das Arbeiten angenehm und motiviert", sagt Greulich. Und es gibt auch dem Ortsvorsteher spürbar Sicherheit für seine Arbeit. Eine wichtige Voraussetzung, schließlich stehen in den kommenden Jahren einige richtungsweisende Entscheidungen an, insbesondere bei der Ortsentwicklung.

Seit er vom Platz des SPD-Fraktionssprechers, quasi eines Oppositionsführers, in den Chefsessel gewechselt ist, hat sich für Greulich die Perspektive im Gemeinderat geändert. "Man ist jetzt auch bei den Weichenstellungen im Vorfeld involviert, das ist eine ganz andere Tiefe als früher", sagt er. Bislang tritt der Bürgermeister häufig mehr als Verwalter denn als politischer Initiator in Erscheinung. Das kreiden ihm manche an, doch Greulich verweist auf die vielen Aufgaben, die auf der "To-do-Liste" stehen. Neben dem "Pionierprojekt" Gymnasium, an dem Greulich mit ganzem Herzen hängt, sind das mehrere Schulsanierungen an. Viel Arbeit, die gemeinsames Anpacken erfordert.

Im Gemeinderat findet der Bürgermeister dafür meist Rückhalt - auch wenn sich einiges nach der Wahl erst einspielen musste. "Am Anfang haben alle noch ein bisschen gefremdelt, aber inzwischen sind auch die neuen Gemeinderäte gut integriert", findet Stangl. Dass auch ihr Parteifreund Greulich im neuen Amt erst einen Lernprozess durchmachen musste, hält sie für ganz normal. Nun, nach einem Jahr, finde er sich "immer besser in seine Rolle ein". Das sieht CSU-Fraktionssprecher Peter Aurnhammer ähnlich. Anfangs sei Greulich noch Unsicherheit anzumerken gewesen, inzwischen gewinne er an Souveränität.

Konsens und Zusammenarbeit wird im Ismaninger Rat generell großgeschrieben - zu einem Teil gezwungenermaßen, weil keine der Fraktionen eine Mehrheit hat. Aber, und darin sind sich die Räte einig, vor allem, weil die Gemeinde wichtige Aufgaben zu bewältigen hat. "Man rauft sich zam, wir haben genug Arbeit", sagt Rudi Essigkrug, langjähriger Gemeinderat der Freien Wähler. Das heißt freilich nicht, dass es keine Diskussionen gäbe. Auch innerhalb seiner SPD-Fraktion, der mit Stangl, Fraktionssprecherin Johanna Hagn und dem langjährigen Gemeinderat Bruno Rimmelspacher einige sehr erfahrene und meinungsstarke Persönlichkeiten angehören, trifft Bürgermeister Greulich durchaus manches Mal auf Gegenwind. "Es ist nichts Ungesundes, wenn man mal unterschiedliche Meinungen hat", sagt Stangl. In zentralen Punkten wie dem Gymnasium stärkt die SPD ihrem Bürgermeister aber meist den Rücken. So ist die Zusammenarbeit im Ganzen gut, findet auch der Amtsinhaber: "Es ist viel mehr Miteinander als Gegeneinander."

Dass sich große kommunalpolitische Projekte auch in guter Kooperation nicht von heute auf morgen vollenden lassen, ist eine andere Erkenntnis. "Vieles ist im Werden", sagt Greulich mit Blick auf seine Ziele bis 2020. Über Unfertiges spricht der Jurist nicht gern, doch er versichert: "Wir arbeiten dran." Das hört man häufig aus dem Munde des Bürgermeisters. Und wirft man einen Blick in seinen vollen Terminkalender, klingt es sehr glaubhaft. Bis August gibt es wenige Abende, die noch frei sind.

© SZ vom 04.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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