Heizkraftwerk Nord:Ismaning lässt sich nicht verkohlen

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800 000 Tonnen Steinkohle werden im Heizkraftwerk Nord Jahr für Jahr verfeuert. In den Neunzigerjahren wurde die Anlage modernisiert. (Foto: Florian Peljak)

Dass das Heizkraftwerk in Unterföhring noch 20 Jahre lang Kohle verbrennen soll, geht der Nachbargemeinde gegen den Strich.

Von Irmengard Gnau, Ismaning

800 000 Tonnen Steinkohle werden jedes Jahr im Heizkraftwerk München-Nord verfeuert, das sind etwa 110 Tonnen pro Stunde. Dabei gelangen durch die Schlote des Kraftwerks der Stadtwerke München (SWM) jährlich circa 2,5 Millionen Tonnen Kohlendioxid in die Luft, mehr als durch den gesamten Verkehr des Mittleren Rings. Einen Gutteil der Belastung, etwa durch Staubemission, bekommen die Kommunen im nördlichen Landkreis ab, beklagen diese schon seit Langem. Ismaning will deshalb noch einmal entschieden Protest einlegen gegen den Beschluss der Landeshauptstadt, den Kohleblock des Kraftwerks bis zum Jahr 2035 weiterzubetreiben.

Die Gemeinderäte fordern die Stadtwerke auf, die Kohlebefeuerung stattdessen bis 2020 schrittweise zurückzuführen. Damit schließt sich Ismaning der Nachbargemeinde Unterföhring an. Diese hatte im Dezember eine Resolution an Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter und Stephan Schwarz, den zuständigen Geschäftsführer der Stadtwerke, gesandt. Darin forderte die Kommune, auf deren Grund das Heizkraftwerk steht, den 1991 eröffneten Kohleblock endlich auf Gasbetrieb umzustellen. Auch die Grünen im Landkreis wie im Münchner Stadtrat wenden sich gegen die Belastung der Menschen im Umland durch das Kraftwerk.

Der Münchner Stadtrat hatte gleichwohl Anfang April beschlossen, dass der Kohleblock noch 20 Jahre lang weiterbrennen soll. Die rot-schwarze Stadtratsmehrheit stützt sich dabei auf ein Gutachten der Stadtwerke und des Öko-Instituts. Dessen Verfasser kommen zu dem Ergebnis, dass ein früherer Ausstieg aus der Kohlebefeuerung "erhebliche betriebswirtschaftliche Nachteile" für die Stadtwerke mit sich bringen würde und daher unverhältnismäßig sei. Diese Begründung wollen die Ismaninger nicht gelten lassen. Die Stadtwerke seien kein Privatbetrieb, argumentierte SPD-Ratsmitglied Bruno Rimmelspacher am Donnerstag im Gemeinderat: "Darum dürfen in diesem Fall nicht nur wirtschaftliche Argumente zählen - sondern auch ökologische." Das Kohlekraftwerk trage "namhaft" zur lokalen Luftverschmutzung bei, betonte Umweltamtsleiter Ulrich Hilberer. Zudem entstünden durch den Transport der Kohle indirekten Emissionen.

Der Gemeinderat warf Stadt und Stadtwerken vor, Wasser zu predigen und Wein zu trinken. München präsentiere sich selbst als Vorreiter beim Klimaschutz, während die Stadt gleichzeitig weiter Kohleverbrennung betreibe. "Es ist geradezu ein Treppenwitz, was die Stadtwerke da machen", ärgerte sich CSU-Fraktionssprecher Peter Aurnhammer. Volker Bäumer (Grüne) sprach von einer "völlig unzeitgemäßen Entscheidung", die der Stadtrat getroffen habe.

Ismaning will die Ergebnisse des Gutachtens daher selbst noch einmal von einem unabhängigen Institut überprüfen lassen, um danach mögliche Maßnahmen an einem runden Tisch zu besprechen. Die Stadtwerke sollen der Gemeinde das Gutachten zu diesem Zweck vorlegen, so die Forderung des Gemeinderats. Unterföhrings Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (PWU) hatte sich Anfang des Jahres empört, er habe aus der Presse von den Beschlüssen zum Kraftwerk erfahren, Stadtwerke und Landeshauptstadt hätten ihn nicht informiert. "Wir spielen mit offenen Karten", sagt ein Sprecher der Stadtwerke. Das Gutachten sei auf der Internetseite des Unternehmens abrufbar. Noch vor der Sommerpause wollen es die Stadtwerke dem Unterföhringer Gemeinderat vorstellen. Wenn Ismaning auf die Stadtwerke zukomme, sei man auch hier offen, versichert der Sprecher.

© SZ vom 23.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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