Ismaning:Einfühlsame Dokumentation

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Der Münchner Maler Joachim Jung begleitet die Ismaninger Geschichte seit vielen Jahren mit seinen Kunstwerken. Eine Sonderausstellung im Schlossmuseum gibt Einblicke in die Arbeit eines akribischen Spurensammlers

Von Irmengard Gnau, Ismaning

Wer schon einmal in den Sälen des Ismaninger Schlosses stand, mag sie gespürt haben, die besondere Atmosphäre, welche die beiden, nach ihrer Hauptfarbgebung roter und blauer Saal genannten Räume mit ihren kunstvollen klassizistischen Verzierungen ausstrahlen. Auch Joachim Jung konnte sich der Faszination der historischen Schlosssäle nicht entziehen. Als der Künstler im Jahr 2002 gebeten wurde, eine Serie mit Gemälden zur Familie von Leuchtenberg zu erstellen, die die herrschaftliche Anlage in Ismaning 1816 als Sommerresidenz erwarb, hielt er sich zur Vorbereitung tagelang dort auf. Die klassizistischen Wandmalereien mit ihren Szenen aus der römischen und griechischen Mythologie, ihren kunstvollen Ornamenten und leuchtenden Farben inspirierten Jung nachhaltig. In dem Bildzyklus "Augustes Suite", der aus dem Projekt entstanden ist, wird spürbar, wie intensiv sich der Künstler mit dem Raum und dessen Geschichte auseinandergesetzt hat. "In meiner Arbeit spielen Orte eine Rolle", sagt Jung. "Wie man sie malen kann, aber auch, was dort geschehen ist, welchen Hintergrund sie haben."

Jung, 1951 in Bamberg geboren, spürt der Vita eines Ortes ebenso nach wie der einer Persönlichkeit, mit der Akribie eines Historikers und zugleich dem wohlwollenden Blick eines Menschenfreunds. Einen "Spurensucher" hat ihn deshalb der Kunsthistoriker Wieland Schmied genannt, als Jung 1997 den Friedrich-Baur-Preis der Akademie der Schönen Künste erhielt. Als solcher Spurensucher hat sich Jung auch in Ismaning betätigt. Leise und unaufdringlich und doch über Jahre hinweg hat der Künstler mit seinem Werk die Ismaninger Ortsgeschichte beleuchtet und begleitet. Welche eindrücklichen Spuren Jung, der unter anderem mit dem Schwabinger Kunstpreis ausgezeichnet wurde, dabei hinterlassen hat, fasst die aktuelle Ausstellung im Schlossmuseum anschaulich zusammen.

Auch Schauspielerin Brigitte Hobmeier hat Joachim Jung für seinen Bilderzyklus zum 1200-jährigen Gründungsfest Ismanings 2009 porträtiert. (Foto: Robert Haas)

Die erste Verbindung hatte Gisela Hesse einst geknüpft: Die emsige Kunstförderin und Kulturschaffende hatte Jung, der nach seinem Studium an den Kunstakademien in Kopenhagen und München Anfang der Achtzigerjahre als freischaffender Maler in der Landeshauptstadt arbeitete, bei einer seiner Ausstellungen angesprochen und ihn nach Ismaning eingeladen. So kam der Künstler zum ersten Mal in den Schlosspark, um in der Galerie dort seine Arbeiten zu zeigen. Seither hat der Ort den Münchner nicht losgelassen. "Ismaning hat immer dazugehört in den vergangenen 30 Jahren", sagt Jung und schmunzelt. In den Ausstellungsraum in dem kleinen Pavillon kehrte Jung mehrfach zurück, bevor er Anfang 2000 "den Sprung ins Ismaninger Kunstareal schaffte", wie er mit einem Augenzwinkern sagt, und geradezu im wörtlichen Sinne zum Ismaninger Haus- und Hofmaler wurde.

Darum brachte ihm die Gemeinde auch das große Vertrauen entgegen, zu ihrem 1200-jährigen Bestehen, das 2009 mit einem großen Fest gefeiert wurde, ein Kunstwerk zu schaffen. Die Dokumente, die das Team des Schlossmuseums um dessen Leiterin Christine Heinz zusammengetragen haben, lassen erkennen, mit welchem Forscherdrang der Künstler Jung seiner Arbeit nachgeht. Historische Dokumente in Bild und Text, Skizzen und Vorzeichnungen sind zu sehen. Für die Aquarellstudien zur Serie "Ismaninger Porträts - 12 Menschen aus 1200 Jahren" suchte Jung nach stilistischen Vorbildern aus jedem Jahrhundert; nach deren Art fertigte er farbenkräftige Porträts ausgewählter Persönlichkeiten, die Ismaning - namentlich oder in ihrer Funktion - seit seiner Gründung prägten oder typisch für die Gemeinde waren. Die Köpfe reichen von Liutpurga, die im Jahr 826 der Marienkirche Freising "sechs Morgen zu Isamanningen" schenkte, über Sprachkundler Johann Andreas Schmeller bis zu Kammerspiele-Schauspielerin Brigitte Hobmeier.

Den Schlosspark hielt Jung ebenso im Bild fest wie Ismanings Persönlichkeiten. (Foto: Robert Haas)

Jung arbeitet sehr detailliert und zeitbewusst, dennoch ist die persönliche Note des Künstlers für den Betrachter stets deutlich. Umso mehr, wenn einzelne Arbeitsschritte erkennbar werden, die Jungs präzises, zugleich behutsames Herantasten an den Gegenstand der Darstellung ans Licht bringen. Indem er Form und Geschichte seiner Beobachtungsobjekte behutsam verknüpft, haucht er ihnen Leben ein - und macht die Ismaninger Ortsgeschichte auf neue Art erfahrbar.

"Ismaninger Spurensuche" ist bis zum 28. August immer von Dienstag bis Sonntag zwischen 14.30 und 17 Uhr im Schlossmuseum zu sehen. Am 17. Juli und 28. August, jeweils von 15 Uhr an führt Künstler Joachim Jung selbst durch die Ausstellung.

© SZ vom 05.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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