Ismaning:Einfach mal machen

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Charlotte Greve (Alt-Saxophon), Manuel Schmiedel (Piano), Marc Muellbauer (Bass) und Moritz Baumgärtner (Schlagzeug) in Ismaning. (Foto: Florian Peljak)

Der Abend mit dem Jazz-Ensemble Lisbeth-Quartett hallt nach

Von Julian Carlos Betz, Ismaning

Schon mit den ersten sensiblen Tönen aus Charlotte Greves Saxofon und sphärisch prasselnden Hi-Hat- und Becken-Schlägen aus Moritz Baumgärtners Drumset beginnt der intime Dialog der Band mit dem Publikum, das sich am Freitagabend im Kallmann Museum in der Ismaninger Orangerie zahlreich eingefunden hat. Nicht das erste Mal tritt das Lisbeth-Quartett in dieser Location auf. Doch dieses Mal geht es um das aktuelle Album der transatlantisch zwischen Berlin und New York aufgespannten Band, "There is only make".

Die Bedeutung des Albumtitels geht dabei auf Charlotte Greves Leben und Tätigkeit in New York zurück: Grundlegend ist hier das Prinzip, dass es in der Musik keine Fehler gibt, nur Experimente. Machen ist alles. Auch Manuel Schmiedel, Pianist der Band, lebt und arbeitet in New York, doch musikalisch gehen er und Charlotte dabei eher getrennte Wege. Mit dem Lisbeth-Quartett haben sie jedenfalls schon eine ganze Reihe an Erfahrungen gesammelt. Gemeinsam mit Schlagzeuger Moritz Baumgärtner und dem Bassisten Marc Muellbauer haben sie mehrere Alben aufgenommen, einen Jazz-Echo gab es für das zweite Album "Constant Travellers", einen weiteren erhielt Greve für ihre Leistung in "There is only make".

In Ismaning zeigen sich die Vier von ihrer besten Seite. Mit einer wunderbaren ersten Hälfte führt die Band ein in ihre facettenreiche Klangwelt zwischen minimalistischen Mantras und variationsreicher Vielfalt der Stimmen. Greve brilliert an ihrem Alt-Saxofon nicht zuletzt in den innovativen Passagen, wenn es darum geht, die musikalischen Angebote ihrer Mitmusiker zu erschließen und daraus eine durch feinstes Legato erzeugte Sphäre aufeinander folgender Stöße warmer Klangfarbe zu generieren. Auch kompositorisch überzeugt das Ensemble mit abstrakter Formsprache und einer Fülle an eingängigen und sich dynamisch fortentwickelnden Motiven.

Ganz anders dagegen "Original Source": in einem einzigen, lyrischen Crescendo-Accelerando dehnt sich der Ablauf des Stücks in einem Fluss aus kreisenden, wiederkehrenden Motiven, verträumt und metallisch von Baumgärtner akzentuiert. Streichen, Rascheln und Schnurren von den Drums, am Piano ein enger Tanz auf chromatisch begrenzter Fläche, während Muellbauer am Bass große Umfänge beschreibt, zwischen denen sich Greve mit ihrem Saxofon wie ein Derwisch in dynamischer Steigerung bewegt. Ausufernde Klänge, die durch einen hindurchgehen und angenehm nachhallen.

Dabei fällt auf, wie individualistisch sich die einzelnen Musiker gebärden. Muellbauer am Bass vermag auch kleine Soli mit seinem Instrument sinnfällig zu gestalten, Baumgärtner bietet eine so dichte und überraschend abwechslungsreiche Klangpalette, dass er allein ein ganzes Stück bestreiten könnte. Ebenso wie Greve und Schmiedel, die sich in interferierenden - oft auch mimetischen - Zügen innerhalb der Stücke begegnen und wieder verlieren. Greve ließ auch in ihre Kompositionstechnik Einblick nehmen: Oft bilde sie eine Melodie aus einem einzigen Ton heraus, erklärt sie dem Publikum. Aus welcher Quelle sie diesen Ton jedoch nimmt, bleibt wohl ein Geheimnis.

© SZ vom 11.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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