Ismaning:"Die Kombination ist wirklich gut für die Seele"

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Sozialdemokratin und Protestantin: Die Ismaningerin Annette Ganssmüller-Maluche wurde in den Vorstand des "Forums Kirche und SPD" gewählt. (Foto: Angelika Bardehle)

Sozialdemokratin Annette Ganssmüller-Maluche über ihr Engagement im "Forum Kirche und SPD"

Interview von Martin Mühlfenzl, Ismaning

Die SPD war bis in die Fünfzigerjahre eine streng laizistische Partei. Die Genossen merkten aber schon bald, dass sich in der noch jungen Bundesrepublik ohne Wähler aus dem katholischen und protestantischen Milieu keine Wahlen gewinnen ließen - und öffneten sich den Kirchen. Dennoch, das sagt auch die stellvertretende Landrätin Annette Ganssmüller-Maluche aus Ismaning, verstehe sie, dass die Kombination SPD und Kirche "einen komischen Klang" habe. Sie selbst hindert das nicht daran, sich "in beiden Vereinen" zu engagieren, wie die stellvertretende SPD-Kreisvorsitzende sagt. Sie tut dies im "Forum Kirche und SPD" für die Stadt München und die Region, dessen Vorstand sie mittlerweile angehört. In der offenen Diskussionsplattform wird meist einmal im Monat - über Konfessionsgrenzen hinweg - über aktuelle Themen aus Politik und Religion diskutiert. Kontrovers und intensiv, wie sie es selbst gerne mag, sagt Ganssmüller-Maluche.

SZ: Ist die Sozialdemokratin Annette Ganssmüller-Maluche gläubig?

Ganssmüller-Maluche: Ja, sonst tritt man ja auch aus der Kirche aus. Ich bin aber immer drin geblieben.

Wie lässt sich Ihr Glaube beschreiben?

Ich habe sicher einen ganz anderen Glauben als ein katholischer Pfarrer. Ich weiß, dass es etwas gibt, das über uns steht. Und ich kann das auch als etwas Göttliches bezeichnen.

Sind Sie eine praktizierende Christin?

Ich habe meine Kinder taufen lassen und mein Mann und ich haben uns kirchlich trauen lassen. Und ich gehe ab und an auch in den Gottesdienst, aber nicht so oft, wie ich vielleicht sollte - oder auch wollte.

Sie besuchen demnach also öfter die Sitzungen des Kreistags als einen Gottesdienst?

Das ganz sicher. Aber wie gesagt, für meine Seele wäre es vielleicht andersherum besser.

Wie passen die Sozialdemokratie und die Kirche zusammen?

Die Kombination ist wirklich gut für die Seele.

Das müssen Sie genauer erklären.

Es finden dabei ganz wichtige und zentrale Punkte wie Mitmenschlichkeit und Barmherzigkeit zusammen. Die grundsätzliche Ausrichtung beider, also der SPD und der Kirche, ist richtig. Für mich persönlich heißt, Sozialdemokratin und Christin zu sein, etwas für meine emotionale Hygiene zu tun, und es gibt dabei bei beiden sehr viele Ansätze, die mir helfen, mich gut zu fühlen.

Was stört denn die Sozialdemokratin Annette Ganssmüller-Maluche an den Kirchen?

Wenn es bigott wird. Wenn die Kirche bestimmte Lebensformen ablehnt. Wenn sie glaubt, dass es die eine gute Lebensform gibt und daneben auch eine schlechte. Und damit meine ich nicht nur Homosexualität, sondern auch Familien. Ich bin mit meinem Mann seit 40 Jahren zusammen, aber das Sakrament der Ehe an sich ist doch nicht mehr zeitgemäß. Damit werden andere Formen, Scheidungen und neu begonnene Partnerschaften herabgewürdigt.

Was ärgert andererseits die Christin an ihrer SPD?

Wenn Mitglieder und Mandatsträger meinen, dass sie die Besseren sind - also aus moralischer Sicht. Dass sie moralisch sauberer sind als alle anderen. Etwas Zurückhaltung täte in diesem Punkt sehr gut.

Beneiden Sie als Protestantin manchmal die Katholiken?

Ja, natürlich. Das Wesen des Protestantismus ist, alles zu hinterfragen. Die Katholiken, und das meine ich überhaupt nicht zynisch, haben es da viel einfacher: Sie glauben, sie beichten - und alles ist wieder gut.

Was können Sie als aktive Kommunalpolitikerin in das Forum Kirche und SPD einbringen?

Ich bin keine Schwarz-Weiß-Denkerin. Ich denke als Politikerin nicht ständig, die CSU ist schlecht, die SPD gut. Diese Offenheit und Fähigkeit, zu differenzieren, kann ich dort sicher einbringen.

Was hoffen Sie, aus dem Dialog für ihr Tun als Politikerin und Sozialdemokratin mitzunehmen?

Im Forum spielen zwei Dinge eine entscheide Rolle: Inhalt und Tiefe. Und die kommen in der Politik oft viel zu kurz. Ich werde dort tätig sein, aber auch selbst viel mitnehmen. Und ich werde vor allem die Freiheit genießen, mal nicht, wie in der Politik gefordert, immer alles wissen zu müssen. Sondern mich freuen, glauben und hinterfragen gleichzeitig zu dürfen.

© SZ vom 18.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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